IAEO: 50 Jahre Atom-Schizophrenie

Erst propagiert sie, dann kontrolliert sie. Die Internationale Atomenergieorganisation feiert am Sonntag Jubiläum.

Vergnügt trotz seines Jobs: IAEO-Chef Baradei. Bild: dpa

FREIBURG taz Für Atomkritiker ist es ein unauflösbarer Widerspruch: die militärische Nutzung der Atomtechnik zu kontrollieren und die zivile Nutzung zu propagieren. Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) verkörpert diesen Widerspruch nun schon seit 5 Jahrzehnten. Am Sonntag feiert die in Wien ansässige Behörde ihren 50. Geburtstag.

In New York wurde sie als Institution der UN gegründet, angeregt durch den amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower, dessen Programm "Atoms for Peace" 1953 die Stromerzeugung aus Atomkraft forcierte. Laut ihrer Satzung soll die IAEO "den Beitrag der Atomenergie zu Frieden, Gesundheit und Wohlstand weltweit beschleunigen und ausbauen" - gleichzeitig aber die militärische Nutzung der Atomspaltung unterbinden.

"Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass diese Mission eine unmögliche Aufgabe darstellt", bilanzieren nun die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Denn es verberge sich "hinter der friedlichen Anwendung der Kerntechnik stets die Möglichkeit, eine Atombombe zu entwickeln." Indien, Pakistan und Nordkorea hätten dies bewiesen. Und auch die aktuellen Probleme im Iran seien "ein Beispiel für diese untrennbare Verknüpfung von Atomenergie und Atomwaffen."

Heftig umstritten war daher auch die Verleihung des Friedensnobelpreises im Jahre 2005 an die IAEO, die den Preis gemeinsam mit ihrem Generalsekretär Mohammed al-Baradei erhielt. "Eine Behörde, deren Ziel es ist, den Ausbau der Atomenergie weltweit zu beschleunigen und auszuweiten, trägt nicht zu einer friedlichen und gesunden Welt bei", erklärte IPPNW seinerzeit.

Zumal die IAEO mitunter nüchterne Analysen erschwert, sobald die zivile Atomkraft in der Kritik steht - wie das Beispiel Tschernobyl zeigt. Zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierte die IAEO stets deutlich geringere Opferzahlen, als es unabhängige Strahlenmediziner taten.

Trotz aller Kritik hat die IAEO auch durchaus ehrenwerte Aufgaben. Seit 1970 ist sie zuständig für die Überwachung des Atomwaffensperrvertrages. Wo immer Atomkraftwerke laufen, hat sie Kontrollfunktion. Bekannt wurden in den letzten Jahren vor allem die Analysen im Atommeiler Philippsburg der EnBW, wo die Inspektoren sicherheitsrelevante Defizite feststellten.

So ist die IAEO eine Mischung aus Kontroll- und Lobbyorganisation. Um gegenüber diesen internationalen Einrichtungen ein Gleichgewicht zu schaffen, kämpft vor allem die Organisation Eurosolar seit 1990 für eine internationale Agentur für erneuerbare Energien. Dass ein solches Pendant zur Atomkraft überfällig ist, zeigen die Zahlen, die der parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, jetzt präsentierte: 31 Staaten setzen derzeit auf Atomstrom - während seit 2001 bereits 46 Staaten das deutsche Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien übernommen haben.

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