Bahnstreik: Montag könnte es Reisende treffen
Donnerstag sollen vierstündige Streiks gegen Güterverkehr beginnen. Ab Montag könnte auch der Personenverkehr betroffen sein. Vermittlung ist möglich, würde aber Streiks nicht verhindern.
BERLIN dpa/taz Kurz vor dem angekündigten Streik im Güterverkehr hat die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) erste Streiks im Personenverkehr ab Montag angedeutet. Beginn und Ende dieses Ausstands sollten erst kurz zuvor mitgeteilt werden, um der Bahn so wenig Chancen wie möglich auf Gegenmaßnahmen zu geben, sagte GDL-Sprecher Maik Brandenburger der Süddeutschen Zeitung.
Am Dienstag hatten sich GDL und die Deutsche Bahn offen für den Einsatz eines Vermittlers gezeigt. "Sofort säßen wir wieder am Verhandlungstisch und würden den Streik am Donnerstag absagen", betonte GDL-Chef Manfred Schell. Man würde sich einem "unparteiischen, gegebenenfalls vom Eigentümer Bund vorgeschlagenen Moderator nicht verschließen". Die Bahn begrüßte dies als Schritt in die richtige Richtung. "Es ist noch nicht zu spät. Wir können jetzt noch ins Gespräch kommen", sagte Personalvorstand Margret Suckale. Allerdings beharren die Lokführer auf einem eigenständigen Tarifvertrag, was die Bahn nach wie vor ablehnt.
Die Millionen Bahn-Reisenden sollen von dem für vier Stunden angesetzten Streik im Güterverkehr an diesem Donnerstag noch weitgehend verschont bleiben.
Union und Arbeitgebern sind die Lokführer zu individualistisch. Dort rufen die ersten bereits nach neuen Gesetzen. "Es kann nicht sein, dass eine kleine Gewerkschaft Bahnkunden, Urlaubsreisende und die Wirtschaft in Geiselhaft nimmt", sagte der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs dem Handelsblatt. Würde sich die Lokführergewerkschaft GDL mit ihrer Forderung nach einem separaten Tarifvertrag durchsetzen, dann drohe ein tarifpolitischer Dammbruch mit gefährlichen Folgen für viele Unternehmen. "Notfalls ist dann auch der Gesetzgeber gefordert, eine solche Entwicklung zu unterbinden", sagte Fuchs, der Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist.
Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ergreift Partei für ein eher kollektivistisches Vorgehen der Arbeiter. Er forderte die große Koalition auf, einer "Aufspaltung der Belegschaften" durch Streiks von Minderheiten einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. "Es muss sichergestellt werden, dass grundsätzlich auch in Zukunft für ein Unternehmen nur ein Tarifvertrag gilt", sagte Hundt dem Handelsblatt. Der Gesetzgeber müsse daher klarstellen, wann Arbeitskämpfe "einer kleinen, spezialisierten Minderheit zu Lasten der Mehrheit der Beschäftigten unverhältnismäßig und unzulässig" seien. Ein solches Arbeitskampfverbot für Minderheiten müsse greifen, wenn bereits für alle Arbeitnehmer ein Tarifvertrag bestehe und der Streik nur den Interessen dieser Minderheit gelte.
Auch den Funktionären der Großgewerkschaften sind die Lokführer zu aufmüpfig. "Der Gedanke der Solidarität ist von hoher Bedeutung für Gewerkschaften. Solidarität kann nicht heißen, dass einzelne Berufsgruppen, die glauben, eine wichtige strategische Funktion zu haben, ihre Einzelinteressen durchsetzen", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt, der Neuen Presse. Sollte sich die GDL mit ihrer hohen Lohnforderung durchsetzen, würde dies das sensibel austarierte Tarifvertragssystem ernsthaft in Gefahr bringen.
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigte im Stern dagegen Verständnis für die Lokführer. "Es ist nicht korrekt, wenn so ein Lokführer, der wirklich viel Verantwortung trägt, 1.500 Euro netto bekommt." Und Gabriel hat einen Grund: "Wenn die mich mit 300 Sachen durchs Land fahren, möchte ich nicht, dass die sich mit Existenzsorgen quälen."
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