Berliner Fußballverband: Sportsfreunde streiten erbittert

Der jüdische Fußballverein Makkabi fühlt sich von Verband und Sportgerichten ungerecht behandelt. Jetzt hat er vor dem Landgericht seinen Aufstieg erkämpft.

Volltreffer für den jüdischen Fußballverein Makkabi. : DPA

Beim Berliner Fußballverband (BFV) ist die höchste Alarmstufe ausgerufen worden. "Inhaltliche Fragen zur Kreisliga A Staffel 3 beantwortet nur noch der Präsident", sagt Pressesprecher Frank Schlüter. Vordergründig geht es um den Streit, ob das Reserve-Team von TuS Makkabi von der zweit- in die drittniedrigste Spielklasse aufsteigen darf. Doch hinter dieser scheinbar läppischen Angelegenheit türmen sich größere Probleme auf.

In einer Pressemitteilung fasste Makkabi die Geschehnisse unter der Überschrift "Wie ein Fußballverband Unrecht zu Recht macht" zusammen. Der Präsident des jüdischen Vereins, Tuvia Schlesinger, wirft dem BFV vor, seinen Club anders als andere zu behandeln - und stellt sich öffentlich die Frage, ob das vielleicht mit der jüdischen Herkunft des Clubs zu tun habe.

Für BFV-Präsident Bernd Schultz ist das eine "bösartige Unterstellung". Aus seiner Sicht geht es längst um etwas anderes. Der Titel der BFV-Story könnte heißen: "Der Tabubruch - wie erstmals ein Amateurclub versuchte, die Sportgerichtsbarkeit zu unterwandern." Denn Makkabi zog vergangene Woche vors Landgericht und erwirkte per einstweiliger Verfügung den Aufstieg in die Kreisliga A. Ein einmaliger Vorfall im deutschen Fußball. Das Sportgericht des BFV hatte dem Club in letzter Instanz den Aufstieg verwehrt. Gegen die einstweilige Verfügung hat nun der BFV Einspruch eingelegt. Das war die letzte Nachricht, die von den Streitparteien vermeldet wurde.

Die Geschichte begann am 29. September 2006 mit einem abgebrochenen Fußballspiel, das sogar international für Schlagzeilen sorgte. Damals verließ die zweite Mannschaft von Makkabi in Altglienicke Mitte der zweiten Halbzeit das Feld, weil eine Gruppe rechtsradikaler Fans sie mit antisemitschen Hasstiraden drangsalierte. Spieler und Betreuer von Altglienicke II ließen das untätig geschehen und erhielten dafür in einem ersten Sportgerichtsverfahren eine recht milde Strafe: Zwei Spiele ohne Zuschauer, der Pflichtbesuch eines Antirassismusseminars und die Wiederholung des Spiels gegen Makkabi wurden angeordnet.

Das erste Wiederholungsspiel musste wegen eines Gewitters abgebrochen werden. Beim zweiten Versuch gewann Altglienicke Ende März diesen Jahres 4:1. Allerdings mit dem Einsatz von sieben Spielern aus der ersten Mannschaft. Dagegen protestierte Makkabi mit Erfolg beim BFV. Die Partie wurde als Sieg für Makkabi gewertet. Mit diesen drei Punkten stand Makkabi am Ende der Saison auf einem Aufstiegsplatz. Doch noch während der Saison hatte wiederum Altglienicke Einspruch eingelegt.

Das BFV-Gericht verhandelte erneut. Nicht in der vorgesehenen Frist von 18 Tagen, sondern zwei Monate später, in der Sommerpause. Dieses Mal entschied man für Altglienicke. Es hieß, beim ersten Mal seien die Verbandsregeln falsch ausgelegt worden. Der Einsatz aller Spieler sei legitim gewesen, so das Sportgericht. Somit galt Makkabi nicht mehr als Aufsteiger.

Der Verein wurde von dieser Entscheidung völlig überrascht. Denn dem Sportgericht war ein massiver Verfahrenfehler unterlaufen. Man hatte Makkabi gar nicht über den Einspruch informiert. Ein Bruch der eigenen Rechtsordnung. So nahm man dem Verein sportlich wie rechtlich die Möglichkeit, auf die veränderte Situation zu reagieren.

BFV-Präsident Bernd Schultz spricht von einem ärgerlichen Fehler, den man korrigiert habe. Der Verbandsvorstand hörte sich nämlich nachträglich die Einwände von Makkabi an und beriet ein weiteres Mal. Doch man blieb bei der Beschlusslage. Den Vorschlag von Makkabi, die höhere Spielklasse um einen Platz aufzustocken, lehnte man ab.

Makkabi-Präsident Schlesinger meint: "Die Wiederaufnahme diente nur dazu, das Ganze förmlich richtig aussehen zu lassen." Sein Verein sei durch die Fehler des BFV geschädigt worden, der Verband agiere nach dem Motto "Pech gehabt", so Schlesinger. Diese Handlungsweise verstoße gegen die rechtsstaatliche Ordnung, deshalb habe man sich an das Landgericht gewandt.

Schultz glaubt, dass dieser Schritt dem Fußball schadet. Seine Befürchtung ist, dass künftig viele, die mit Sportgerichtsurteilen nicht zufrieden sind, dem Beispiel folgen - Prozesslawinen im Spielbetrieb wären die Folge. "Die Autonomie des Verbandes darf nicht beschnitten werden", warnt Schultz. Der fürs Wochenende geplante Start der Kreisliga A, in welche das Landesgericht Makkabi beförderte, ist auf Anfang September verschoben worden. Es heißt, der neue Spielplan müsse noch erstellt werden. Was aber passiert mit Makkabi, wenn das Landesgericht nach ein paar Monaten feststellt, dass man den BFV in seiner Rechtssprechung doch nicht hätte beschneiden dürfen? Laut Spielordnung müsse die Mannschaft dann in der untersten Klasse starten, so Schultz.

Anstatt des Aufstieges würde am Ende also der Abstieg stehen. Schlesinger ist erbost über diese Aussage von Schultz - und warnt vor einer weiteren Eskalation: "Wir sind den ersten Schritt gegangen, wir scheuen uns nicht davor, den zweiten zu gehen. Wir sind auf alle Bosheiten gefasst."

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