Wehrdienst: SPD-Spitze auch freiwillig wehrpflichtig

Der SPD-Vorstand hat sich hinter die Idee einer Freiwilligenarmee mit formaler Wehrpflicht gestellt. Die Grünen kritisieren das Konzept als "schwarzen Schimmel".

Schießen und robben - bald nicht mehr obligatorisch? Bild: ap

BERLIN ap/rtr Die SPD-Spitze hat sich hinter die Pläne zur Einführung einer Freiwilligenarmee gestellt. Nach Angaben aus Parteikreisen beschloss der Vorstand am gestrigen Montag in Berlin einen entsprechenden Antrag für den Parteitag Ende Oktober. Im 44-köpfigen Gremium habe es drei Enthaltungen und sonst nur Zustimmung gegeben.Nach einem Vorschlag der SPD soll die Wehrpflicht zwar theoretisch beibehalten werden, faktisch aber sollen nur junge Männer einberufen werden, die sich vorher zum Dienst bei der Bundeswehr bereit erklärten. Um diesen Schritt zu erleichtern, soll ein Bonussystem eingeführt werden, nachdem die Dienstzeit auf Ausbildungszeiten angerechnet werden soll.

Dieses Modell, das die SPD "freiwillige Wehrpflicht" nennt, soll bei dem Parteitag einen internen Streit beenden. Schon lange kämpft die Partei um einen einheitlichen Kurs beim Reizthema Wehrpflicht. Weite Teile der SPD, darunter die Jusos, hatten die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert. Vertreter der Parteispitze, darunter Fraktionschef Peter Struck, sprechen sich jedoch für ihre Beibehaltung aus.

Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Auch beim Koalitionspartner CDU stößt das Vorhaben einer freiwilligen Wehrpflicht auf wenig Anklang.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) kritisierte sie als "Widerspruch in sich". Er sprach sich am Montag für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus, die seit 50 Jahren existiert. Dies sei auch auch im Koalitionsvertrag mit der SPD so verankert.

Jung sagte im Deutschlandradio Kultur, es gebe nur die Alternativen Wehrpflicht, Freiwilligenarmee oder Berufsarmee. "Wir als CDU/CSU halten eindeutig an der Wehrpflicht fest", versicherte der Minister. Er wies darauf hin, dass 25.000 der 60.000 Wehrpflichtige pro Jahr sich freiwillig weiter verpflichteten. Wenn man diese Zahl zur Grundlage nehme, reiche das Potenzial an Freiwilligen nicht aus. Das von der SPD vorgeschlagene Anreizsystem sieht er nicht als Ausweg. Schließlich gebe es schon jetzt ein Bonussystem für die Wehrpflichtigen im Hinblick auf einen Studienplatz.

Laut Jung kommen 80 Prozent der tauglich Gemusterten ihrer Dienstpflicht auch wirklich nach. Ein Teil geht in die Bundeswehr, der andere leistet Zivildienst. Er selbst habe zugunsten der Wehrgerechtigkeit entschieden, dass in diesem Jahr wieder 5.000 Wehrpflichtige mehr eingezogen würden, sagte Jung - obwohl der Staat so viele gar nicht benötigt. Der Minister verwies auch darauf, dass im Jahre 2009 in den östlichen Bundesländern eine Halbierung der Jugendlichen zu erwarten sei.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder ging auf Distanz zum SPD-Vorschlag. "Wenn es sich nicht um so ein wichtiges Thema handeln würde, müsste man geradezu schmunzeln über die freiwillige Pflicht, die hier formuliert worden ist", sagte Kauder in Berlin. Von solchen Vorschlägen halte er wenig. Das trage nicht dazu bei, das Vertrauen in die Politik zu festigen.

"Die SPD sollte sich freiwillig verpflichten, endlich Farbe zu bekennen", sagt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla.

Doch auch innerhalb der SPD stößt der Vorschlag auf ein geteiltes Echo. Der SPD-Parteiflügel der Netzwerker hält den Vorschlag für nicht umsetzbar, da die Befürworter der Wehrpflicht innerhalb der Partei darin ein Bekenntnis zur Beibehaltung sähen, die Gegner hingegen den Einstieg in die Abschaffung. Netzwerk-Sprecher Christian Lange sagte: "Eine freiwillige Pflicht gibt es nicht." Der Kompromiss werde nicht über den Parteitag hinaus halten. Kritik am Vorschlag kam auch von Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Er nannte das Vorhaben einen "schwarzen Schimmel".

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