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C/O PopDie bessere Popkomm

Die vierte Ausgabe der Kölner Musikfestivals C/O Pop hat einen guten Weg gefunden zwischen Lokalmatadorentum und musikalischer Vielfalt.

Eine Band aus Düsseldorf durfte die C/O Pop eröffnen: Die Fehlfarben Bild: dpa

Als die Popkomm nach ihrer letzten Kölner Ausgabe 2003 nach Berlin abwanderte, hinterließ sie eine Lücke: So unsympathisch, wie Dieter Gornys Business-Sause auch immer war, hatte sie doch ihren Teil zu Kölns Image als deutscher Pop- und Medienmetropole beigetragen - ein Image, das die Stadt in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre tatsächlich verdiente. Diesen Hauch von weiter Welt, darauf verzichtet man als Stadt nur ungern. Als der Weggang sich abzeichnete, war es daher ausgemachte Sache, dass die Popkomm Ersatz braucht.

Die C/O Pop, die gleich 2004 erstmalig stattfand, ist also eine "hausgemachte" Veranstaltung, ausbaldowert von einem Verbund ortsansässiger Kulturschaffender wie dem früheren Studio-672-Betreiber und noch früheren Spex-Redakteur Ralph Christoph. Ihre Idee war und ist es, ein Festival mit Messe anzubieten, das die musikalischen Stärken der Stadt bündelt - die liegen unbestritten in der Elektronik - sowie die Kontakte hiesiger Subkultur-Funktionäre fruchtbar macht.

Nicht, dass die C/O Pop schon wegen ihrer lokalen Erdung sympathischer als die Popkomm wäre. Der entscheidende Unterschied ist ein anderer: Die "Newcomer-Messe" Popkomm ist ohne Wenn und Aber eine kapitalistische Mainstream-Beschleunigungsmaschine - die aber immer auch feinstes Konzert-Programm inklusive der jeweils angesagten Minderheiten-Favoriten von Pavement bis Squarepusher auf ihrer Seite hatte. Diese skurril anmutende Allianz zwischen großspuriger Messe und engagierten Klein-Labels basierte auf der simplen Verwechslung zweier Begriffe: "Newcomer" und "Underground". Allerdings gaben die Goldrausch-90er dieser Verwechslung eine Zeit lang Recht: Die Grenzen verschwammen, und aus der Symbiose wurde häufig eine Synthese - bis das mit der CD-Brennerei und den Downloads so richtig losging und plötzlich niemand mehr viel zu lachen hatte.

Die C/O Pop dagegen widmet sich nicht nur ausgiebig den neuen Vertriebswegen für Musik im Zeitalter des sogenannten Web 2.0. Sie tut dies, ihrem Selbstverständnis entsprechend, aus einer dezidiert subkulturellen Künstler-Perspektive. Sie wählt ihre Partner nach Geschmackskriterien aus, operiert entlang eines künstlerischen Leitfadens. Das ist für ein Musikfestival nicht weiter ungewöhnlich, für eine Messe schon.

Der professionelle, nicht-öffentliche Teil der C/O Pop fand, wie schon im Vorjahr, im stimmungsvollen Rheintriadem und dem benachbarten Rheinpalais statt. Auf der sogenannten Affair verteilten sich die Repräsentanzen der vielen (Kölner) Elektronik-Labels und Club-Veranstalter in ungleich gemütlicheren Messeständen auf ehemalige Büroräume. Die Stimmung war familiär-entspannt und nicht übertrieben geschäftig; es kannten sich ohnehin fast alle. Hier wurden neue Tonträger ausgetauscht, dort über den Namen eines Workshops gescherzt: "Ganz oben - Was folgt auf den Erfolg?" Typisch war dieser Titel aber nicht: Es ging der dicht gepackten Konferenz nicht ums große Geld, sondern um das Überleben in der Nische. Themenschwerpunkte wie Management, Recht und Ökonomie wurden unter dem Aspekt künstlerischer Identitätspolitiken aufbereitet, wobei man in diesem Jahr verstärkt auf Interaktion setzte: mehr Mitmach- und Nachfrag-Workshops, weniger reine Podiumsdiskussionen. Das alles wurde gern genommen.

Zur Musik: Es gab viele Highlights. Das gelungene Booking wurde durch einen überraschend guten Ticket-Verkauf belohnt: Vor dem Gloria am Neumarkt, seit dem Eröffnungskonzert am Mittwoch mit den energischen Math-Rockern Battles der Festival-Hotspot, standen am Donnerstag gar einige wegen Überfüllung eine gute Stunde an, um Ed Bangers Shootingstar Uffie den Indielectro-Bounce-Sound der Stunde definieren zu hören. Viele sahen, als sie endlich drin waren, nur noch Uffies Rücken. Am Freitag hatten die Veranstalter in Sachen Schlangen-Handling dazugelernt, und die Londoner Grime-Bhangra-Queen M.I.A. konnte mit einem souveränen Set und Space-Afrocentricity-Kostümierung zur Bühnenerstürmung aufrufen.

Die Kern-Programmpunkte nach dem Wegfall der Monsters of Spex (denn die Spex residiert nicht mehr in Cologne) waren natürlich die Kompakt-Labelnacht und die "Deutschlandreise". Erstere erfüllte als groß angelegter Showcase des größten Kölner Techno-Labels ihre Aufgabe gewohnt souverän: die bewährten Umfeld-DJs plus anderthalb Line-Up-Überraschungen featuren sowie den aktuellen Label-Sound definieren. Bevor The Field demonstrierten, wie neo-trancig Kompakt inzwischen sein kann, erfreute die Live-Reunion der Minimal-Paten Jörg "Modernist" Burger und Wolfgang "Mike Ink" Voigt, die man noch am Vorabend auf das supersympathische Breakcore-Quatsch-Entertainment des Exil-Kölners und Längst-Berliners Candie Hank aka Patric Catani crazygehen sehen konnte. Die "Deutschlandreise" am Samstag - Techno-, House- und DnB-Labels aus dem ganzen Land über die Clubs der Stadt verteilt - kam mit dreckigen Live-Sets der Kölner Pan/Tone und Misc sehr euphorisch daher. Leider konnte man nicht überall sein.

Für eine nennenswerte Bereicherung in Sachen musikalischer Vielfalt sorgte die Programm-Neuerung "Europareise". Schade nur, dass einige versteckte Schönheiten in diesem Programm Promotion-technisch etwas zu kurz gekommen sind. Die Istanbuler Noiserock-Bands Nekropsi und Replikas fanden noch ihr Publikum, während die italienische Cosmic-Disco-Legende Beppe Loda, ansonsten weltweit bis Februar ausgebucht, vor nur 20 Begeisterten auflegte. Dabei hat gerade seine Stilnische - eine faszinierende, pophistorisch anormale Kombination aus Moroder-Disco, Psychedelic und Afro-Beat - in den letzten Jahren durch House-Produzenten wie Hans-Peter Lindstrøm ein Revival erfahren. Die C/O Pop hat angekündigt, im nächsten Jahr solche Perlen besser zu kommunizieren.

Das ist bei Sven "Gude Laune" Väth nicht nötig: Die Menge frisst ihm so oder so aus der Hand, auch wenn er - wie am Sonntagnachmittag im regengeschützten Jugendpark - nur mit Wasser kocht. Neben ihm auf der Bühne, wild ravend: seine Mutter und Bürgermeisterin Elfie Scho-Antwerpes. Nächstes Jahr wird alles noch besser.

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