Pressefreiheit: Russland verbannt BBC auf Mittelwelle

Die BBC verliert ihre UKW-Sendefrequenzen in Russland - für Kritiker ein weiteres Zeichen für eine sich verschlechternde Mediensituation.

Unverständnis in London über die Entscheidung: BBC-Zentrale Bild: ap

Die russischen Behörden haben eine weitere kritische Stimme zumindest teilweise zum Schweigen gebracht. Seit 17. August sind die russischsprachigen Programme der BBC auf UKW nicht mehr zu empfangen. Wer sich weiter aus dieser Quelle informieren möchte, muss auf Online-, Mittel- oder Kurzwelle ausweichen.

Am Freitag hatte der russische Partner von BBC, Bolschoe Radio, angekündigt, die Ausstrahlung der russischsprachigen BBC-Beiträge ab sofort einzustellen. Die Lizenz sehe vor, dass das gesamte Programm aus Eigenproduktionen des Senders bestehen müsse, teilte der Besitzer von Bolschoe Radio, die Finanzgruppe Finam, zur Begründung mit. Der Schritt sei nicht auf äußeren Druck zurückzuführen, so ein Sprecher. Jedoch sei allgemein bekannt, dass die BBC ausländische Propaganda verbreite.

"Es geht um Kontrolle"

Die britische Rundfunkanstalt reagierte mit Unverständnis. Die Lizenz sei im Mai 2006 überarbeitet worden und räume Bolschoe Radio das Recht ein, bis maximal ein Fünftel des Programms mit Fremdbeiträgen zu bestreiten, heißt es in einer Pressemitteilung. "Wir können nicht verstehen, dass die Lizenz jetzt in einer Weise ausgelegt wird, die nicht das ursprüngliche Konzept der Dokumente widerspiegelt", sagte Richard Sambrook, Direktor von BBC Global News, und forderte die russische Seite auf, den Vertrag zu respektieren.

Für David Dadge, den stellvertretenden Direktor des Wiener Internationalen Presseinstituts, ist das Vorgehen gegen die BBC eindeutig politisch motiviert. Nur wenige Monate vor den Parlamentswahlen im Herbst und den Präsidentschaftswahlen im März 2008 verstärke das Regime seinen Druck auf die Medien. "Es geht darum, diesen Sektor so weit wie möglich unter Kontrolle zu haben. Je mehr die Menschen in Russland von Informationen von außen abgeschnitten sind, desto stärker sind sie wieder auf die einheimischen Medien zurückgeworfen", sagt Dadge. Einen Grund dafür, dass es gerade die BBC getroffen habe, sieht er in den seit der Litwinenko-Affäre angespannten russisch-britischen Beziehungen.

Alexander Litwinenko, der ehemalige Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB, der die Seiten gewechselt und nach Großbritannien ins Exil gegangen war, war im November in London mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 vergiftet worden. Die britische Staatsanwaltschaft hält den Ex-FSB-Mann Andrej Lugowoj für den Hauptverdächtigen und forderte von Moskau mehrfach die Auslieferung. Das lehnt Russland bislang ab. Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten aus Großbritannien im Juli beantwortete Russland mit der Ausweisung von vier britischen Diplomaten.

"Situation verschlechtert"

Für den oppositionellen russischen Journalisten Grigor Pask war das "UKW-Aus" von BBC absehbar. "Hier werden ausnahmslos alle kritischen Medien verfolgt und sanktioniert", sagt er. "Die Situation für Journalisten in Russland wird sich weiter verschlechtern, und deshalb verstehe ich überhaupt nicht, warum die westlichen Journalisten so zurückhaltend sind", sagt Pasko.

Bolschoe Radio ist nicht der erste Sender, der der BBC den Saft abdreht. Bereits Ende 2006 hatten Radio Arsenal in Moskau sowie Anfang 2007 Radio Leningrad die Ausstrahlung von BBC-Programmen gestoppt.

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