Nur wenig Kritik an Pariser Beschlüssen

Die Mehrheit der Bevölkerung begrüßt die Maßnahmen der französischen Regierung zur Eindämmung der Gewalt in den Vorstädten. PS-Linke wollen das Thema beim Sonderparteitag aufgreifen. Vor Ort werden EinwohnerInnen initiativ

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

In der dreizehnten Nacht flackerten die Flammen in Frankreich niedriger. „Nur“ 617 Autos im ganzen Land brannten aus. Fast 50 Prozent weniger als in der Vornacht. Dieser Rückgang genügte, um die politisch Verantwortlichen in Paris und BürgermeisterInnen in den Vorstädten zu erfreuten Reaktionen zu veranlassen. Eine Mehrheit ihrer Landsleute, von den Krawallnächten erschöpft, zeigt sich ihrerseits zufrieden mit den Maßnahmen, die die rechte Regierung als Antwort auf die Krise in den Banlieues gefunden hat: Laut einer Umfrage des Boulevardblattes Parisien begrüßen 73 Prozent das Ausgehverbot, 83 Prozent halten es für sinnvoll, dass schon Kinder mit 14 Jahren in den Arbeitsprozess integriert werden, und 86 Prozent äußern sich „entsetzt“ ob der Gewalt der vorausgegangenen Nächte.

Nur ein kleiner Teil der linken Öffentlichkeit kritisiert das Maßnahmenpaket, das Regierungschef Dominique de Villepin zur Krisenlösung vorgelegt hat. Sie monieren nicht nur, dass die Ausgangssperre ein Dekret aus der Zeit des Algerienkrieges ist, sondern vor allem, dass die Konzentration auf polizeiliches Vorgehen und autoritäre Antworten keine Lösung des Problems sei. Denn die Krise, so ihre Analyse, ist sozial. „Nur Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, die Diskriminierungen und Erniedrigungen sowie die Armut können vielen Familien aus der Sackgasse heraushelfen, in der sie sich in den Vorstädten befinden“, schreibt Patrick Le Hyaric in einem großen Kommentar in der kommunistischen Humanité.

In der PS bemühen sich wenige Tage vor dem Sonderparteitag vereinzelte Linke darum, das Thema der Vorstädte oben auf die Agenda zu setzen. Der Arbeitsinspektor aus der PS-Führung, Gérard Filoche, verlangt die sofortige Streichung des Algerienkriegdekretes, lehnt jede Senkung des Eintrittsalters für Lehrlinge grundsätzlich ab und fordert, dass die von der rechten Regierung abgeschaffte „Nachbarschaftspolizei“ in den Vorstädten wieder eingeführt wird.

In zahlreichen Vorstädten ergreifen inzwischen LehrerInnen, SozialarbeiterInnen und andere örtliche AnwohnerInnen Initiativen. Manche organisieren nachts Feste in „gefährdeten“ öffentlichen Einrichtungen wie Schwimmbädern und Turnhallen. Andere gehen oder fahren Wachrunden, um Jugendliche davon abzuhalten, Brände zu legen und/oder mit den Polizisten der Antiaufstandseinheit CRS aneinander zu geraten. Mehrere prominente Frauen aus dem Einwanderungsmilieu, darunter die Filmemacherin Yamina Benguigui, die Senatorin Boumediene-Thiery und die Soziologin Dounia Bouzar, rufen „als Mütter“ zu einem Ende der Gewaltakte auf. „Frankreich ist unser Land“, sagen sie an die Adresse der Jungen, „zerstört nicht das, was uns Hoffnung gibt.“