Kolumne Laufen: Die magische Marke

Warum es gar nicht so leicht ist, sich in Italien auf einen Marathon vorzubereiten.

Daniel Unger ist Weltmeister. Weltmeister auf der olympischen Distanz im Triathlon. Der Deutsche aus dem oberschwäbischen Mengen entschied in Hamburg ein packendes Rennen erst auf den letzten Metern für sich. Wobei mit der Umschreibung "packendes Rennen" nicht ausgedrückt ist, was sich in Hamburg abgespielt hat. Nach 1,5 km schwimmen, 40 Kilometer Rad und 10 km laufen ist eine Spurtentscheidung mit vorausgegangenen Ausreißversuchen der verschiedenen Teilnehmer sehr ungewöhnlich. Für uns Zuschauer war das natürlich klasse, und am Ende waren wir alle, dank Daniel Unger, Weltmeister.

Irgendwie sind die Ausdauerspezialisten im Triathlon mit uns Läufern verwandt, und so entschied ich mich trotz, großer Konkurrenz an Weltmeisterschaften - Turn-WM in Stuttgart, Ruder-WM in München und Leichtathletik-WM im fernen Osaka - für einen Abstecher zur Triathlon-WM nach Hamburg zu gehen. Schwimmen, Radfahren und Laufen nacheinander und ohne Pause. Auf der olympischen Distanz ist das alles noch vorstellbar. Doch denke ich an den Ironman, so ist das eine andere Dimension.

Auf der Langdistanz muss man 4 Kilometer schwimmen, dann 180 km aufs Rad und als Abschluss einen Marathon laufen. Schwimmen und Radfahren kenne ich nur in homöopathischen Dosen. Ab und zu schwimme ich 500 Meter im unbeheizten Becken von Tübingen und manchmal fahre ich mit dem Rad nach Horb und zurück (80 km). Natürlich nicht ohne Pause. Drei, vier Tage sind es immer. Es können aber auch zwei Wochen sein. Die Lauferei bei einem Triathlon, könnte man meinen, ist in meinem Falle kein Problem. Doch bei einem Marathon hört der Spaß auf, zumindest bei mir.

Nicht im Traum würde ich vor dem Start eines Marathons daran denken, zu schwimmen oder in die Pedale zu treten. Einen Marathon laufen reicht völlig. Beim Frankfurter Marathon im Oktober werde ich für ein neues Tübinger Stadion und den Laufnachwuchs in Hessen und Baden-Württemberg meinen zweiten Versuch auf dieser langen Distanz wagen. Kritiker dieser Aktion unterstellen mir wieder einmal überhöhten Eifer, da ich für jede Minute unter 3 Stunden 1.000 Euro für die Nachwuchsarbeit erlaufen kann. Das ist aber völlig falsch.

Getrieben für das Training werde ich nicht so sehr vom Geldbetrag und den hoffentlich vielen Minuten unter 3 Stunden, sondern vielmehr aus Angst vor der langen Strecke. Meine Kondition reichte in meiner Aktivenzeit nur knapp weiter als 10 km. Warum sollte das heute anders sein? Ein Marathon hat dort noch nicht einmal begonnen. Die magische Marke des Marathons liegt bei 35 Kilometer.

Egal also, ob zu Hause oder im Sommerurlaub in Italien, laufen, laufen, laufen war das Motto. Ein, zwei, drei Wochen, jeden Tag ein Dauerlauf. Nie kürzer als eine Stunde und bis zu 2 Stunden und 30 Minuten. Ein Wahnsinn. Es war fast wie in alten Zeiten, richtiges Training. Doch dann kam die Schwächephase. Der Rückschlag. Natürlich in Italien.

Zu meiner Entschuldigung möchte ich sagen, dass es gar nicht so einfach ist, dort, wo alle Urlaub machen, noch jeden Tag zu laufen. Vor allem nicht nur 30 Minuten lockeres Trimmtrab, sondern immer länger und länger. Morgens um 7 Uhr wäre die ideale Trainingszeit. Es ist noch nicht zu heiß, alle Familienmitglieder schlafen noch, und beim Zurückkommen beginnt das große Frühstück. Aber gerade weil noch alle im Bett liegen, ist es besonders schwer aufzustehen. Noch dazu alleine! Am Abend ist es genauso schwierig, da sich alle bereit machen, in die Stadt zu ziehen, Eis und andere Köstlichkeiten zu verzehren. Da möchte ich nicht fehlen. Meist wurde es bei diesen Ausflügen spät, und die frühen Laufeinheiten fielen wegen großer Müdigkeit und fehlender Solidarität aus.

Mein Sohn gab mir für den Urlaub den entscheidenden Tipp: "Papa, es sind noch 64 Tage bis zum Marathon, da kannst du doch jetzt auch ein paar Ruhetage machen." Recht hatte er, Weltmeister muss ich ja nicht mehr werden und schließlich gehört Erholung auch zum Training.

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