Un-Resolutionen: Afrika-Einsätze entzweien UN und EU

Der UN-Sicherheitsrat beschließt das Mandat für EU-Truppe im Tschad, aber EU-Mitglieder sind nicht willens einzugreifen.

Die EU-Truppen sollen unter anderem Darfur-Flüchtlinge im Tschad beschützen. Bild: dpa

BERLIN taz Der UN-Sicherheitsrat hat in letzter Instanz die Entsendung einer EU-Eingreiftruppe in den Tschad und die Zentralafrikanische Republik gebilligt. In der am Dienstag verabschiedeten Resolution 1778 beauftragt der Sicherheitsrat die Truppe damit, "zum Schutz von gefährdeten Zivilisten beizutragen, vor allem von Flüchtlingen und Vertriebenen", sowie "die Lieferung humanitärer Hilfe und die freie Bewegung humanitären Personals durch Verbesserung der Sicherheitslage im Einsatzgebiet zu erleichtern". Offiziell unterstützt die EU-Mission eine kleinere UN-Polizeimission.

Damit wird ein seit mehreren Monaten von Frankreich verfolgtes Konzept Wirklichkeit, die Ostregionen seiner beiden afrikanischen Verbündeten Tschad und Zentralafrikanische Republik vor den Ausläufern des Krieges in der benachbarten sudanesischen Region Darfur zu schützen. Beide Länder erleben zur Zeit einen latenten Bürgerkrieg, an dem neben einheimischen Rebellen auch eingedrungene Milizen aller Darfurkriegsparteien teilnehmen. Frankreich sieht sich als Schutzmacht der tschadischen und der zentralafrikanischen Regierung und verteidigte beide letztes Jahr aktiv gegen vorrückende Rebellen. Nun soll dieses Engagement europäisiert werden, und damit soll zugleich ein europäischer Beitrag zur Entlastung der für 2008 geplanten Eingreiftruppe von UNO und Afrikanischer Union (AU) in Darfur geleistet werden.

Die aus Pariser Sicht dafür nötigen 4.000 europäischen Soldaten, davon höchstens die Hälfte aus Frankreich, kommen jedoch nach derzeitigem Stand kaum zusammen. Frankreich hat ohnehin 1.000 bis 1.500 Soldaten in beiden Ländern stationiert.

Tschads Rebellen haben bereits gedroht, die EU-Truppe zu bekämpfen, sollte diese als erweiterte Variante der bestehenden französischen Kampftruppe im Tschad daherkommen. In der Zentralafrikanischen Republik sollen französische Soldaten untätig geblieben sein, als von ihnen unterstützte einheimische Militäreinheiten Massaker an Zivilisten begingen, berichtete kürzlich die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Daher wollte Frankreich zunächst die 2.400 Mann starke "nordische" Battlegroup der EU, die 2.000 Soldaten aus Schweden und kleinere Kontingente aus Finnland, Norwegen, Irland und Estland umfasst, einbeziehen. Nach kritischen Fragen soll die Battlegroup jetzt jedoch nicht entsandt werden. Schweden und in kleinerem Maße Finnland haben dennoch Truppen in Aussicht gestellt, aber viel weniger. Deutschland und Großbritannien wollen mit der Mission nichts zu tun haben. Sie wird ohnehin komplett von der Infrastruktur des französischen Militärs im Tschad abhängig sein, so wie bereits Tschads Armee und die Hilfswerke im Land.

Wie schwer Frankreichs Stand in Afrika ist, vor allem unter dem neuen Präsidenten Nicolas Sarkozy, zeigte sich auch bei einer von der laufenden französischen UN-Sicherheitsratspräsidentschaft initiierten Sondersitzung zu Afrika am späten Dienstag. Als Schlussredner forderte AU-Kommissionspräsident Alpha Oumar Konaré die Schließung der französischen Militärbasen in Afrika, und auch andere Redner verlangten eher weniger als mehr auswärtige Militärinterventionen. Ein französisches Konzeptpapier für die Sondersitzung hatte noch "die Verstärkung der Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft" für Frieden und Sicherheit in Afrika gefordert und die EU - wohl wegen deren Kongo-Intervention bei den Wahlen im letzten Jahr - als Vorbild dargestellt.

Wenig Echo fand angesichts dieser Debatte der Redebeitrag von US-Präsident George Bush, der den Krieg in Darfur erstmals als "Völkermord" bezeichnete. "Meine Nation hat die Vorgänge in Darfur als Völkermord bezeichnet, und wenn man einen Völkermord feststellt, muss man etwas tun", sagte Bush. Dann schloss er seine Rede, ohne eine einzige US-Handlung anzukündigen.

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