Wenigstens Firmen mögen den Bachelor

HOCHSCHULE Das dreijährige Studium ist besser als sein Ruf: Viele Bachelor-Absolventen finden genauso leicht einen Arbeitsplatz wie Kommilitonen mit Master oder Diplom. Die Jobsuche dauert im Schnitt drei Monate. Drei Viertel hängen aber ein Master-Studium dran

„Den Bachelor- Absolventen fehlen Praxiserfahrungen“

KEVIN HEIDENREICH, DIHK-REFERENT

VON ANNA LEHMANN

„Bäh wie Bachelor“ riefen Studierende zu Beginn des Bildungsstreiks im Sommer. Der Expressabschluss nach drei Studienjahren wurde viel gescholten: zu verschult, zu verstopft, mit ihm sei kein Job zu bekommen. In der vergangenen Woche haben Hochschulrektoren und Kultusminister angekündigt, die Studiengänge zu entschlacken. Aber steigen damit auch die Berufschancen der 70.000 AbsolventInnen, die 2009 einen Bachelor gemacht haben?

Der Bachelor sei besser als sein Ruf, meinen Wissenschaftler des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung (INCHER) in Kassel. Sie haben im Herbst eine Untersuchung zum Berufserfolg von 35.000 Absolventen des Prüfungsjahrgangs 2007 vorgelegt. Danach ist jeder fünfte Bachelor-Absolvent einer Uni eineinhalb Jahre später berufstätig, die meisten studieren aber weiter. Von den Bachelor-Absolventen von Fachhochschulen sind fast 60 Prozent direkt nach ihrem Abschluss in den Beruf gewechselt. Die Jobsuche gestaltete sich nicht schwieriger als bei KommilitonInnen mit Master oder Diplom und dauerte im Durchschnitt nur drei Monate.

Nachteile hätten die Absolventen mit dem schnelleren Abschluss jedoch beim Verdienst: Die Gehälter lagen um 15 bis 20 Prozent niedriger als bei Kollegen mit Master oder Diplom. Mit Beginn der Wirtschaftskrise seien die Chancen von Bachelor-Absolventen auf einen Job nicht drastisch gesunken, sagt der Hochschulreferent der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Henning Dettleff. „Viele Unternehmen sind vorsichtig bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Doch davon sind alle Berufseinsteiger betroffen.“ Dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wurden bisher keine flächendeckenden Einstellungsstopps gemeldet. „Unsere Unternehmen sagen, wir wollen und müssen Stellen mit Akademikern besetzen“, berichtet der Bildungsreferent beim DIHK, Kevin Heidenreich. Gerade um Ingenieure würden sich die Firmen reißen.

In anderen Branchen haben es Bachelor-Absolventen schwerer. Kevin Klein* hat 2008 sein Geografiestudium mit dem Bachelor abgeschlossen, seitdem versucht er im schwierigen Arbeitsmarkt für Journalisten Fuß zu fassen. Drei Praktika und mehrere Bewerbungsrunden für Journalistenschulen hat er bereits absolviert. Kleins einstige Kommilitonen studieren fleißig weiter. „Ich kenne niemanden, der jetzt einen Job hat.“ Die meisten hätten gleich den Master angeschlossen – aus Angst, bei Firmen eine Absage zu bekommen.

Laut INCHER-Studie hängen fast drei Viertel der Uni-Absolventen nach dem Bachelor-Studium noch den Master dran. Dettleff vom Arbeitgeberverband bestätigt, dass sich die Berufsfelder für die Drei-Jahres-Absolventen in einigen Branchen langsam entwickeln, etwa in Naturwissenschaften. Dies liege auch daran, dass es bei Chemikern oder Physikern üblich sei zu promovieren, sagt Dettleff: „Die Promotionsquote in Chemie liegt bei fast 90 Prozent, in Physik bei über 50 Prozent.“

Die Erwartungen von Wirtschaft und Politik an den Bachelor waren hoch: Praxisnäher sollte er sein und die Studenten nicht nur zu akademischem Weihen, sondern auch zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen. Dies hat sich nicht erfüllt. „Den Absolventen fehlen Praxiserfahrungen und Methodenkompetenzen“, sagt Heidenreich vom DIHK. Das sei aber schon beim Diplom der Fall gewesen. „Eigentlich hat sich nicht allzu viel verändert – es sind ja immer noch die gleichen Professoren und Studieninhalte.“

*Name geändert