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die wahrheitEin Kind für die Kanzlerin

Bittere Tränen flossen über ihr Gesicht. Angela Merkel schluchzte herzergreifend, doch niemand war da, der sie trösten konnte...

... Sie stand allein in ihrem Büro, und keiner traute sich herein, obwohl sie alle im Vorzimmer an der Tür horchten, die Sekretärinnen und die Leibwächter und auch ihr Kanzleramtsminister, dieser verdammter de Maizière, da war sie sich hundertprozentig sicher. Wütend pfefferte sie den Papierstapel mit den katastrophalen Umfragewerten in die Ecke. Dann blickte sie vom Panoramafenster ihres Büros hinunter auf den Platz vor dem Kanzleramt, auf dem sich die Besuchergruppen tummelten. "Warum liebt ihr mich nicht mehr?", schrie sie verzweifelt hinab. Zum Glück schluckte das Panzerglas ihre Worte, so dass der fränkische Tourist, der sie zufällig am Fenster erblickte, nichts bemerkte von der Hoffnungslosigkeit, die die Kanzlerin ergriffen hatte im Frühherbst des Jahres 2011.

Erst vier Jahre war es her, dass sie auf dem Höhepunkt ihres Ansehens war. In der Mitte ihrer ersten Amtszeit war sie die absolute Nummer eins in allen Umfragen, die Deutschen liebten sie. Sagenhafte 72 Prozent Zustimmung bekam sie im Spiegel-Ranking. Zärtlich strich Angela Merkel über den goldenen Rahmen, sie hatte den Artikel damals eigenhändig im Büro aufgehängt. War es die Ahnung gewesen, dass es von da an bergab ging? Diese widerliche Journaille, verfluchte die Kanzlerin ihre Lieblingsfeinde. Erst hatten diese Kreaturen sie in den Himmel gelobt, und dann war die Stimmung schlagartig umgeschlagen.

Das Fluchen tat ihr gut. Wehmütig flogen ihre Gedanken in bessere Tage zurück. Als sie noch Glück hatte. Die Fußball-WM sorgte für Stimmung, der G-8-Gipfel ging ganz gut über die Bühne, die Weltwirtschaft zog an, während sie gar nichts tat. Sie hätte ja auch überhaupt nicht gewusst, was sie tun sollte. Sie hielt sich stets an das, was Helmut Kohl ihr beigebracht hatte: "Plan B - wie: Bloß nicht bewegen, dann regelt sich alles wie von selbst", hatte ihr dicker Lehrmeister immer behauptet und recht behalten. Und alle zogen sie mit: die Parteien, die Landesfürsten, die Medien. Selbst den Kabarettisten fiel zu ihr nichts mehr ein.

Bis es plötzlich vorbei war. Dabei gab es nicht einmal eine Affäre. Nicht einen einzigen Skandal durfte sie aussitzen. Auch wenn sie sich extra Fettpolster gegen Angriffe zugelegt hatte. Heute morgen erst hatte sie beim Blick auf die Waage festgestellt, dass ihr Gewicht nun dreistellig war.

Keiner mochte sie mehr - eine Kanzlerin, über die man nicht mal Witze machen konnte, weil sie völlig witzlos war. Sie hatte nicht einmal einen Spitznamen. Einsamkeit überwältigte sie. Die Kanzlerin wusste, sie musste auf den Vorschlag von de Maizière eingehen. Es war ihre letzte Chance. Dann würde sie eben ein Kind adoptieren, schluchzte sie trotzig. Wie Schröder oder Madonna. Angela Merkel weinte noch ein wenig, bevor sie sich in ihr Schicksal fügte und die Adoptionspapiere unterzeichnete - jetzt aber mit einem teuflischen Grinsen, denn schlagartig war ihr klar geworden, wie sie sich an der ungerechten Welt rächen und zugleich endlich einmal Witz zeigen könnte.

Und so kam es, dass im Herbst des Jahres 2011 ein kleiner Junge aus Mali auf den Namen Helmut-Kevin Merkel getauft wurde.

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