Dokudrama: Alles gut trotz Blut

Das Dokudrama "Kampf ums Leben" zeigt spektakuläre Innenansichten des menschlichen Körpers. Gestorben wird kaum (Mi., 10.10, 22.55 Uhr, Vox)

Was passiert bei einer OP im Körperinneren? Bild: dpa

Die Kamera verfolgt ein Einsatzfahrzeug der Polizei auf dem Weg über nächtliche Autobahnkreuze, im Kinderkrankenhaus ringt derweil der neunjährige James mit dem Tod: Er hat einen schweren Herzfehler, das lebenswichtige Organ steht kurz vor der Aufgabe. Ein Spenderherz ist auf dem Weg zu ihm - doch wird es den Operationssaal rechtzeitig erreichen? Die Stimmung ist zum Zerreißen angespannt, die Coolness des Ärzteteams aufgesetzt. Was daherkommt wie eine Mischung aus "Gesundheitsmagazin Praxis" und "Emergency Room" minus George Clooney, ist ein so bislang im deutschen Fernsehen nie gesehenes Krankenhaus-Dokudrama.

Kein Wunder: Es kommt von der britischen BBC, ist in Krankenhäusern in England und den USA gedreht worden und wagt mittels atemberaubender - und oft nicht unekliger - Computeranimationen (Computer Generated Imagery CGI) den Blick ins Innerste: in unsere Körper, die für ihr Weiterleben kämpfen.

Die sechsteilige Serie schildert diesen Kampf chronologisch - von der Entwicklung im Mutterleib und der Geburt in der heutigen ersten Folge "Der erste Atemzug" bis zum vielleicht letzten Kampf über 80-Jähriger.

All das wird nicht wie in klassischen Medizin- oder Gesundheitsdokus - vermeintlich pädagogisch wertvoll - vom Schreibtisch aus erzählt. "Wir hatten eine klare Ansage: Die Erzählhandlung, das Narrative musste immer im Vordergrund stehen", sagt Philip Dobree von der Special-Effects-Schmiede Jellyfish, die "Kampf ums Leben" mitgestaltet hat. Denn natürlich wisse man heute, wie zum Beispiel weiße Blutkörperchen aussähen - doch die in Lehrbüchern abgebildeten Aufnahmen aus dem Rasterelektronenmikroskop seien viel zu statisch und langweilig, meinte Dobree bei der Präsentation der Reihe auf der Cologne Conference Ende September. "Unsere Aufgabe war, wie mit einer endoskopischen Kamera aufzunehmen, was im Körper wirklich vor sich geht, wenn dieser sich gegen Verletzungen und Infektionen schützt."

Kombiniert wird dies mit nicht minder spektakulären Originalszenen aus dem OP. Die Kamera ist immer dabei, auch wenn Blut tropft und die Ärzte nervös werden. Kaum vorstellbar, dass ein deutsches Krankenhaus solche Aufnahmen zuließe.

Leicht war es auch in Großbritannien und den USA nicht, die entsprechenden Genehmigungen zu bekommen, sagt Dobree, der für seine Arbeit "zumindest gefühlt ein medizinisches Blitzstudium absolviert" hat und dem auch bei der CGI-Arbeit stets beratende Ärzte über die Schulter schauten. Die Mühe war häufig umsonst, denn Patienten, Angehörige oder Krankenhäuser haben viel Drehmaterial im Nachhinein nicht freigegeben.

Und einiges schied laut BBC sowieso aus. Todesfälle bei Kindern hätten nicht ins durchweg positivistische Konzept von "Kampf ums Leben" gepasst. Der kleine James ist also ein Glücksfall: ein ganz normaler Schüler, der mit seinem neuen Herzen begeistert Fußball spielt.

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