Türkeis Drohungen gegen PKK: Militärintervention aufgeschoben

Nach den Kämpfen am Wochenende ist vorerst Entspannung zwischen Türkeis Regierung und der PKK angesagt. Kurdische Parlamentsabgeordnete wollen vermitteln.

Türkische Militärpatrouille an der Grenze zum Nordirak : dpa

ISTANBUL taz Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) will nach Angaben des irakischen Präsidenten Dschalal Talabani einen einseitigen Waffenstillstand ausrufen. Der Staatschef sagte am Montag auf dem Flughafen Suleimanija vor seinem Rückflug nach Bagdad, die Feuerpause solle noch am Abend bekanntgegeben werden. Nähere Angaben machte er nicht. Agenturberichten zufolge beruht das Einlenken der PKK seinerseits auf der Bekundung der türkischen Regierung, vorerst auf einen Einmarsch im Nordirak zu verzichten.

Nach den schweren Kämpfen am Sonntag, bei denen insgesamt 44 Menschen starben, hatte die Türkei am Montag zunächst weiter ihre Truppen an der irakischen Grenze verstärkt. Auch auf irakischer Seite marschierten nach Augenzeugenberichten Angehörige der nordirakischen kurdischen Miliz auf und postierte sich entlang der gesamten Grenze. Kurdenführer Massud Barsani hatte Sonntag noch einmal seine Ablehnung einer türkischen Militärintervention bekräftigt und zugleich angekündigt, die rund 100.000 Mann der kurdischen Miliz, würden sich jedem Einmarsch türkischer Truppen entgegen stellen.

Nachdem in einer ersten Krisensitzung von Regierungsspitze und Generalstab am Sonntagabend noch kein konkretes Ergebnis erzielt wurde, gingen die politischen Gespräche gestern weiter. Staatspräsident Abdullah Gül traf sich mit den Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Parteien. Oppositionsführer Deniz Baykal forderte anschließend eine Neuausrichtung der türkischen Politik. Nachdem nun klar sei, dass die PKK-Terroristen von Nachbarstaaten unterstützt würden - gemeint sind die Kurden im Nordirak und indirekt die USA - müsste die Türkei ihre Strategie umstellen, forderte er.

Wichtiger noch als das Treffen mit Baykal war das Gespräch zwischen Gül und den beiden Fraktionschefs der kurdischen DTP, Ahmet Türk und Ayse Tuglu. Überschattet war dieses Gespräch von der neuen Hiobsbotschaft dass acht türkische Soldaten von der PKK gefangen genommen und verschleppt worden waren. In ihrer Pressekonferenz nach dem Gespräch mit Gül boten Ahmet Türk und Ayse Tuglu an, bei der Befreiung der Soldaten zu helfen. "Wenn wir gefragt werden, können wir vielleicht vermitteln", sagte Türk. Die DTP hätte eine solche Entlastung auch dringend nötig, denn sie ist mittlerweile voll ins Visier der Nationalisten geraten. Bei etlichen überwiegend von der rechtsradikalen MHP noch am Sonntagabend organisierten Demonstrationen forderten die Teilnehmer, die DTP-Abgeordneten aus dem Parlament "hinaus zu schmeißen". Gestern morgen fanden mehrere von der CHP organisierte Demonstrationen statt, allein in Istanbul sammelten sich noch vor Arbeitsbeginn 3.000 Demonstranten und forderten einen Rücktritt der Regierung, weil sie nicht entschlossen gegen die PKK vorgehe.

Angesichts der Kämpfe im Grenzgebiet ging in der Türkei das Referendum über die zukünftige Wahl des Staatspräsidenten fast völlig unter. Obwohl in den Zeitungen und im Fernsehen ständig leere Wahllokale gezeigt wurden, sollen 67 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben haben, davon 70 Prozent für die Direktwahl des Präsidenten und nur 30 Prozent dagegen. Damit wurde nun eine Verfassungsänderung aus dem Frühjahr bestätigt, die vorsieht, künftig alle fünf statt wie bisher alle sieben Jahre einen Präsidenten zu wählen. Dafür darf der Präsident einmal wieder gewählt werden. Auch die Legislaturperiode des Parlaments wird von fünf auf vier Jahre verkürzt.

mit afp und rtr

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