Nichtraucherschutz in Bayern: Rauchverbot beim Oktoberfest 2008

Der CSU-Abgeordnete Stockinger wollte den Schutz für Nichtraucher lockern. Das ging nach hinten los: Ausnahmegenehmigungen gibt es nun nicht mal für Festzelte.

Rauchen im Zelt wird beim Oktoberfest der Vergangenheit angehören. Bild: dpa

Zigaretten, Zigarillos und Zigarren - Rauchutensilien samt untergeordnetem Schnupftabak gehören zum Oktoberfest eigentlich wie Maßkrüge, Hendln und Dirndln. Spätabends, wenn sich der Geruch der genüsslich gezutzelten Zigarren mit der Musik mischt und sanfte Schwaden über den Menschen liegen, ist die Wiesn ein Ort des fröhlichen Lasters. "Es wird was fehlen", sagt Sepp Krätz, Sprecher der Wiesn-Wirte. Denn im Herbst 2008 wird das bisher Undenkbare eintreten: In keinem Zelt darf geraucht werden.

Verantwortlich dafür ist die CSU. In einer nie gesehenen Kehrtwendung hat sich die regierende Landtagsfraktion in dieser Woche zur Marktführerin des Nichtraucherschutzes gemacht. Spontan über den Haufen geworfen wurde ein Gesetzentwurf aus der Ära Stoiber, in dem Festzelte vom Rauchverbot ausgenommen waren. Der Schwenk betrifft nicht nur das Oktoberfest. Bayern wird auch sonst das härteste Rauchverbot Deutschlands bekommen: Es wird keine Ausnahme für Vereinsgaststätten geben und auch keine Raucherzimmer in den Kneipen.

In allen anderen Bundesländern können zumindest Wirte mit mehr als einem Raum noch ein Raucherzimmer anbieten. In Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen läuft das schon so, in den anderen Ländern sind entsprechende Beschlüsse vom Parlament verabschiedet oder zumindest schon von der Regierung auf den Weg gebracht worden. Kleine Raucherkneipen könnte es nur noch im Saarland geben.

Zum bayerischen Totalverbot trug absurderweise ein Abgeordneter bei, der eigentlich das Gegenteil erreichen wollte. Hans Gerhard Stockinger, 57 Jahre alt, ist ein fröhlicher und gemütlicher Franke. Geselligkeit ist ihm wichtiger als der Nichtraucherschutz. Deshalb brachte er einen Änderungsantrag für das Gesetz in den Münchner Landtag ein, das die bayerische Regierung vorgelegt hatte. Er forderte, dass Wirte so genannter Ein-Raum-Gaststätten das Rauchen weiter erlauben können. "Sonst geht ein Teil der bayerischen Wirtshauskultur flöten." 40 der 124 CSU-Abgeordneten machten bei Stockinger mit. Doch die Aktion ging nach hinten los.

Die Fraktion stritt sich am Mittwoch zweieinhalb Stunden lang. Sogar der neue Ministerpräsident Günther Beckstein mahnte bei den Festzelten eine Ausnahmegenehmigung an. Durchgesetzt hat sich dann allerdings Becksteins ehemaliger Staatssekretär Georg Schmid, den er auf den CSU-Fraktionsvorsitz gehievt hatte und dem eigentlich ein Weichei-Image voraus eilte. Schmids Haltung in seiner ersten schwierigen Abstimmung war konsequent: Gerechtigkeit für alle Wirte, egal ob Gaststätten oder Vereinsheim, egal ob mit oder ohne Nebenraum. Anders gesagt: Rauchverbot überall. "Schmid musste auch Handlungsstärke beweisen", beurteilt Stockinger das Ergebnis. Sogar er hatte schließlich zugestimmt, auch wenn er immer noch über eine Bevormundung der Bürger grantelt. "Und ich mache mir nach wie vor Sorgen um die kleinen Lokale auf dem Land." Diese lebten von den Stammtischen - etwa der Feuerwehren und Kirchenchöre. "Treffen die sich daheim und gehen die kleinen Wirte dann ein?"

Dass es noch einmal anders kommt ist äußerst unwahrscheinlich. Die CSU würde sich nur blamieren, zudem sind SPD und Grüne fürs Totalverbot.

Sepp Krätz, der Sprecher der Wiesn-Wirte, denkt nun über einen Korridor zwischen den Zelten nach, damit Raucher ausweichen können. Allerdings werden die Zelte oft wegen Überfüllung geschlossen. Wer zum Rauchen raus geht, kommt womöglich nicht mehr rein. Dennoch fürchtet Krätz nicht, dass es zu großem Streit kommt. "Zum einen müssen alle für eine Übergangszeit ein Auge zudrücken und um anderen sollte man die Gäste nicht unterschätzen, auch wenn sie mal eine Maß mehr trinken", hofft er. "Die allermeisten wissen, wann Schluss sein muss."

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