"Schmidt & Pocher"-Premiere: Kampf der Klassenclowns
Schwacher Eröffnungsmonolog Harald Schmidts, lässige Michael-Jackson-Parodie Oliver Pochers: Beim Duo-Debüt der Entertainer dominierte Egozentrik statt Zusammenspiel.
Nachdem Harald Schmidt vor einem Monat nicht nur seine Mutter mit der Ankündigung überrascht hatte, Erika Steinbach und das "Zentrum gegen Vertreibung" unterstützen zu wollen, war es leider nicht möglich, den Entertainer nach seinen Beweggründen zu fragen. Wegen der "heißen Proben in Stuttgart" und der "Vorbereitung auf das neue Sendeformat" habe Schmidt leider keine Zeit für Interviews, teilte seine freundliche Managerin mit. Mit den "heißen Proben in Stuttgart" war wohl Schmidts Auftritt am dortigen Schauspielhaus gemeint, unter dem Titel "Elvis lebt - und Schmidt kann es beweisen" hatte er sich dort an den "RAF-Festspielen" beteiligt. Schmidt muss, glaubt man den Kritiken, großartig gewesen sein. Was die Managerin allerdings mit der "Vorbereitung auf das neue Sendeformat" gemeint haben könnte, bleibt auch nach der Ausstrahlung der ersten Folge der Sendung "Schmidt & Pocher" rätselhaft.
Harald Schmidt wirkte unvorbereitet wie, nun ja, immer. Manchmal ist seine offensichtliche Weigerung, sich vor einer Sendung mit deren Konzept und Inhalt auseinanderzusetzen, ein Segen. Er verlässt sich auf spontane Einfälle, vorher abgesprochene Gags wirft er über Bord oder sabotiert sie gar absichtlich. Wenn ihm das gelingt, kann sich das Publikum nicht nur an der Pointe des von Schmidt absichtlich versenkten Gags erfreuen, sondern auch noch an seiner virtuosen Dekonstruktion des Formats.
Für diese Technik braucht Schmidt ein leidensfähiges Gegenüber, einen, den er vorführen, dem er ins Wort fallen, dessen Pointen er zerstören kann. Früher, in "Schmidteinander" (WDR), war das Herbert Feuerstein, ein Mann, der womöglich noch witziger und intelligenter ist als Schmidt selbst. Er konnte die ständige Erniedrigung durch seinen jüngeren Bühnenpartner irgendwann nicht mehr ertragen, das Duo trennte sich. Später, in der "Harald Schmidt Show" auf Sat.1, übernahm der Redaktionsleiter Manuel Andrack die Rolle des Stichwortgebers, das ging lange gut, auch noch in der Wiederauflage der Show, die unter dem Titel "Harald Schmidt" im Ersten zurückkehrte, weil Andrack niemals den Anspruch hatte, gleichwertig zu seinem Chef wahrgenommen zu werden.
Doch der Chef ist müde geworden, die Show wurde schwächer und schwächer, etwas neues musste her, genauer: ein Neuer. Oliver Pocher. Der Junge sollte den Alten retten, später vielleicht sogar ablösen. Schmidt kündigte an, Pocher in der Sendung coachen zu wollen, bis dieser dann, unter des Meisters Obhut gereift, das Erbe antreten könne. Pocher ist bekannt aus seinen Auftritten bei Pro7 und noch viel mehr durch seine Werbespots für einen Elektrodiscounter, er dekonstruiert keine Fromate, er macht keine intellektuellen oder politischen Anspielungen, er bemüht sich einfach nur, lustig zu sein. Was ihm mal besser, mal schlechter gelingt. So schlimm ist er nicht, dass man nur mit den Augen rollen wollte - aber so gut eben auch nicht, wie er in den letzten Wochen hochgeschrieben wurde.
Jetzt also Schmidt und Pocher gemeinsam. Gemeinsam? Das Wort stimmt nur insofern, als beide sich eine Stunde lang im selben Studio aufgehalten und vorher zusammen einige lustige Einspielfilmchen gedreht haben. Doch von einem Zusammenspiel kann keine Rede sein.
Schmidt eröffnete die Sendung wie gewohnt mit einem Monolog, einem seiner schwächeren allerdings und gefühlt längsten. Dann kündigte er den neuen Kollegen Pocher an, der sich mit einer gekonnten Michael-Jackson-Parodie präsentierte. Diese beiden Auftritte waren bezeichnend für die gesamte Sendung: da spielten zwei Profis nebeneinander ihre Nummern - miteinander zu tun hatte das wenig. Jeder saß an seiner Ecke des schicken Doppelschreibtischs, Schmidt zerstörte die abgesprochenen Gags, fiel Pocher ins Wort, fast wie damals bei Feuerstein, Pocher reagierte stellenweise irritiert, fing sich aber schnell.
Es war ein wenig wie auf einem Kindergeburtstag, auf dem die Klassenclowns aus zwei Parallelklassen eingeladen sind und versuchen, sich gegenseitig und dem Publikum zu beweisen, wer der Witzigere ist. Der Wettstreit steigerte sich noch, als der unbestritten überlegene Günther Jauch sich als Gast zu den beiden gesellte - jetzt kämpften Schmidt und Pocher hart um dessen Gunst, mit dem Ergebnis, dass Jauch selbst praktisch nicht zu Wort kam und Schmidt den Pocher "junger Freund" nannte. Das wars dann auch schon wieder.
Im Abspann konnte man mit flinken Augen noch Manuel Andracks Namen erkennen, der Gute ist also nicht arbeitslos geworden, sondern hat sich wieder hinter die Kulissen zurückgezogen. Es wird ihn noch eine Menge Arbeit kosten, aus den beiden Egozentrikern ein Team zu machen - wenn das überhaupt möglich ist.
"Ich gehe davon aus, dass wir spalten. Die einen schreiben vom größten Mist, die anderen von der geilsten Sendung", hat Oliver Pocher der "Bunten" erzählt, bevor die "Schmidt & Pocher" startete. Doch die Show war weder Mist noch geil. Sie war, wohlwollend ausgedrückt: unfertig.
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