Kolumne press-schlag: Seid umschlungen, Funktionäre!

Der DFB-Bundestag demonstriert nach außen Geschlossenheit und verlagert die Unstimmigkeiten mit der DFL in die Hinterzimmer.

Zärtlichkeiten zwischen Männern in aller Öffentlichkeit sind in Deutschland ja noch recht verpönt. So gesehen war der 39. ordentliche DFB-Bundestag ein höchst fortschrittliches Ereignis im Kampf um gesellschaftliche Toleranz. Wann immer DFB-Präsident Theo Zwanziger im Verlauf der zwei Tage dauernden Veranstaltung in der Mainzer Rheingoldhalle jemanden zu begrüßen oder zu ehren hatte, drückte er ihn fest an seine Brust. In den Armen des 62-jährigen Altendiezers landeten folglich Fürsprecher wie der aus Altersgründen aus dem Amt des hauptamtlichen Generalsekretärs in die ehrenamtliche Funktion als Schatzmeister gewechselte Horst R. Schmidt ebenso wie ausgemachte Gegenspieler wie der neue Ehrenpräsident Gerhard Mayer-Vorfelder oder der bei seiner Wahl im Januar noch vom DFB abgelehnte, nun aber als Ehrengast in Mainz weilende Uefa-Präsident Michel Platini.

Nach außen hin hat der DFB in Mainz das Bild vollkommener Einigkeit mit sich und der großen weiten Welt des Fußballs demonstriert. Fast alle Anträge wie die Erweiterung des Präsidiums beispielsweise um die Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff, Sportdirektor Matthias Sammer und die Frauenbeauftragte Hannelore Ratzeburg sowie Wahlvorschläge, die vor das Plenum gebracht wurden, wurden einstimmig abgesegnet. Auch Zwanziger wurde samt seiner auf Frauenfußball, Wertepflege und an der Basis orientierten Politik ohne Gegenstimme bis zur nächsten Plenarsitzung in drei Jahren in seinem Amt bestätigt, dem nach Worten des Gewählten "schönsten Amt, das es in Deutschland zu vergeben gibt". Uneinigkeiten pflegt der DFB unterdessen im Gegensatz zu jedem Dorfparlament höchst intransparent im Vorfeld der Zusammenkünfte aus dem Weg zu räumen.

Anders als in den internationalen Sportverbänden üblich, wo gern von einer olympischen oder Fußballfamilie geheuchelt wird, spricht Zwanziger trotz so viel zur Schau gestellter Harmonie wenigstens stets nur von "Freunden". Solche sind meist potenziell ein bisschen gemeiner als Familienangehörige. Tatsächlich führen einige Kumpels in der Fußballergemeinde manches im Schilde, was den DFB-Präsident nicht ganz so erfreut. Die DFL will künftig mehr Geld aus der Vermarktung der DFB-Produkte Nationalmannschaft und DFB-Pokal. Statt im DFB-Bundestag öffentlich die Positionen vorzutragen, haben sich Liga und Verband kurzfristig darauf geeinigt, 2008 in den Hinterzimmern zu streiten, wie DFL-Präsident Reinhard Rauball verkündete. Dort müssen sich die Funktionäre dann wenigstens auch nicht für die Öffentlichkeit in den Armen liegen.

Bei so wenig offen dargebotenem Diskussionsstoff nach aufregenden außerordentlichen DFB-Bundestagen in den Vorjahren mit Themen wie dem Wettskandal 2005 war es ein Glücksfall im Kampf um bundesweite Aufmerksamkeit, dass der DFB die Versammlung seiner 250 Delegierten dafür nutzte, die Verträge mit dem kompletten Trainerstab der A-Nationalmannschaften zu verlängern. Jogi Löw darf, vermutlich künftig mit 2,5 statt bislang 2 Millionen Euro dotiert, samt seinen Helfern von Flick bis Siegenthaler bis 2010 weitermachen. Silvia Neid ist unterdessen bis 2013 an den DFB gebunden worden. Die Weltmeistertrainerin bekam dafür von Zwanziger nicht nur eine Umarmung, sondern sogar noch auf jede Wange ein Küsschen dazu.

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