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Erste Großstadt mit ÖkostromKassel kündigt Eon

Die Stadtwerke Kassel stellen auf Strom aus Wasserkraft um. Der Wechsel ist nicht nur ökologisch motiviert: Die Stadtwerke haben Angst vor dem Verkauf.

Leuchtet dies Jahr mit Wasserstrom: Weihnachstdeko in Kasseler Einkaufsmeile. Bild: dpa

Der Eon-Konzern versorgt ab nächster Woche 97.000 Kasseler Stromkunden weniger. Dann wird in Kassel das erste Stadtwerk einer deutschen Großstadt seine sämtlichen Kunden nur noch mit sauberem Strom aus regenerativen Energien beliefern. Wie taz.de aus Branchenkreisen erfuhr, will die Städtische Werke AG ihren Strom für Haushaltskunden nicht mehr von Eon beziehen, sondern aus schwedischen Wasserkraftwerken. Ob deren Betreiber Vattenfall ist, wollte ein Sprecher der Stadtwerke weder bestätigen noch dementieren. Die Umstellung soll am 30. Oktober offiziell bekannt gegeben werden, eine Preiserhöhung sei mit dem Wechsel zum Ökostrom nicht verbunden. Ein Eon-Sprecher sagte taz.de: "Wir werden den Stadtwerken Kassel weiter verbunden bleiben."

Hermann Scheer, Energieexperte der SPD, sagte: "Das ist ein grundlegendes Bekenntnis zu erneuerbarer Energie und ein wichtiger erster Schritt." Und der zweite Schritt? "Entweder selbst Erzeuger von erneuerbarer Energie werden oder mit einem Ökostromanbieter zusammenarbeiten, der den Gesamtanteil erneuerbarer Energie in Deutschland wirklich steigen lässt."

Die Absage von Kohle- und Atomstrom ist nicht nur aus Sorge um das Weltklima entstanden, sondern aus der Sorge der Stadtwerke, verkauft zu werden. Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) hatte schon im vergangenen Jahr gedroht, den kommunalen Kasseler Energieversorger abzustoßen. Noch besitzt die Stadt 75,1 Prozent an ihren Stadtwerken, der schwedische Stromriese Vattenfall hat den Rest. Noch kann die Städtische Werke AG Kassel Überschüsse vermelden. "Wir legen jedes Jahr 15 Millionen auf den Tisch", sagt Stadtwerke-Sprecher Ingo Pijanka. Dieses Plus ist in Gefahr, weil Bund und Länder allen Stadtwerken eine Senkung der Betriebskosten verordnet haben, um die Energierechnungen der Endverbraucher zu senken.

Als bereits absehbar war, dass es mit einem Verkauf nichts würde, brachte ein Vertriebsmann auf einer Stadtwerke-Betriebsfeier die Ökoenergie ins Gespräch. "Der kauft den Strom für uns ein", erklärt Pijanka. Der Mitarbeiter sei "bei einer Strombörse drüber gestolpert, wie lukrativ das eigentlich ist".

Bild: taz

In Sachen Anbieterwechsel setzen Hessens Kommunen inzwischen Maßstäbe. Am Donnerstag hatte die Stadt Wolfhagen bei Kassel mitgeteilt, dass ihre Kunden ab 2008 ausschließlich mit Strom aus österreichischen Kraftwerken beliefert werden sollen. In Kassel werden allerdings nur die Privatkunden mit Strom aus regenerativen Energien beliefert, sie machen 50 Prozent des Absatzes aus. Gewerbekunden sollen weiter aus den eigenen Kraftwerken der Stadtwerke beliefert werden.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kann in dem kompletten Umstieg einiger Stadtwerke auf regenerative Energien noch keinen Trend erkennen. Die Verbandsmitglieder versuchten halt, ihren Kunden passende Optionen anzubieten, erklärt Rosemarie Folle vom VKU. Viele Stadtwerke böten Tarife an, die zum Teil auf Ökostrom setzen.

Ein Greenpeace-Sprecher sagte der taz, die Energieerzeugung durch Wasserkraft sei in Europa weitestgehend sauber und Windkraft- und Solaranlagen gleichwertig. Der Gesetzgeber setze hohe Standards für Wasserkraftwerke. In Deutschland wurde 2006 nach einer Aufstellung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 3,5 Prozent des Stromverbrauchs durch Wasserkraft gedeckt. Auf Windenergie entfallen fünf Prozent des Verbrauchs, auf Solarenergie 0,3 Prozent. Insgesamt werden zwölf Prozent des deutschen Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt.

Am Dienstag wollen die Kasseler den Umstieg zu erneuerbarer Energie verkünden.

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8 Kommentare

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  • J
    Jay

    Die anderen 50% der Einwohner sind keine Kunden der Stadtwerke sondern von anderen Anbietern.

  • GO
    Gott Offler

    Also bei 96000 Kasseler sind das gerade mal 50% der Einwohner von Kassel die die Stadtwerke Kassel abdecken.

    Bleibt die Frage wo denn plötzlich die anderen 50% der Kunden der Stadtwerke ihren Strom her bekommen? Oder sind díe genau so plötzlich von den Stadtwerken abgesprungen? Wollen die Ökostrom? Oder ist das wieder mal ne rechnerische Maßnahme? Sprich 50% sind unserer Kunden sind Ökostromabnehmer und nichts anderes daher 100% Stadtwerkekunden. Ich weis nicht.... Schön rechnen kann ich mir alles.

    Windkraft ist mir zu laut und Nuklearstrom zu schmutzig, aber Strom kommt aus der Steckdose....

    Wir Deutschen sind zu mäckelig, denn wenn uns der Strom fehlt, wird er aus Ländern gekauft die voll auf Nuklearstrom setzen, siehe Frankreich oder Polen. Und uns wird er als Ökostrom verkauft... bzw wer tritt den Gegenbeweis an??? Keiner!!!! Wenn man überlegt das die Automobilbranche gut 100 Jahre alt ist und die Windkraft bzw Solarenergie erst knapp 20 Jahre und wir trotzdem keine 1Liter Autos fahren, obwohl die Pläne für solche Autos existieren, finde ich wir sollten genauer darauf achten was uns verkauft bzw wie es uns verkauft wird. Erst wenn alle europäischen Länder sich verpflichten müßen 80% ihres Strom aus erneuerbaren Energien her zu stellen, kann man annähernd sicher gehen, das man auch wirklich Ökostrom kauft.

  • W
    wolfe

    WOW! Es ist völlig egal weshalb. Wichtig ist die konsequente Umstellung auf erneuerbare Energie.

    Da möchte ich doch glatt in Kassel leben...

     

    Du kannst als Privatperson genauso wie der Zwischenhändler (in dem Fall die Stadtwerke) aussuchen bei wem du den Strom kaufst. Du kannst auch in Leibzig den Strom kaufen. Sofern du Mitglied der Börse bist ;)

  • M
    Michael

    Das hier ist ein ganz großer Etikettenschwindel. Warum? Ganz

    einfach: Die Stadtwerke Kassel kaufen nicht wirklich Ökostrom ein, sondern nur sog.

    RECS-Zertifikate, die garantieren, dass die Schweden genau so viel Strom in ihren

    Wasserkraftwerken produzieren, wie die Stadtwerke ihren Kunden verkaufen. Der Effekt

    ist also der, dass sie weiterhin Strom aus Kohle und Atomkraftwerken kaufen und so

    Eon und co. Geld in den Rachen werfen, nur dass sie jetzt halt ein bisschen Geld

    zusätzlich für die Zertifikate ausgeben, wodurch die Wasserkraftwerke für deren

    Betreiber ein bisschen rentabler werden. Das ist an sich zwar begrüßenswert, bringt

    aber für die Energiewende so gut wie gar nichts, da eben das meiste Geld weiterhin

    in die Atom- und Kohlewirtschaft geht. Will man tatsächlich etwas in dieser Richtung

    bewegen, so sollte man zu einem echten Ökostromanbieter wechseln, der echten

    Ökostrom aufkauft und garantiert kein Geld für "Graustrom" ausgibt, den er dann mit

    RECS-Zertifikaten "reinwäscht".

  • M
    mela

    Super Kassel!

     

    Ist zwar richtig, Schwedens Wasserkraftwerke können nicht alle dt. Städte versorgen. Aber je mehr Einzelverbraucher und auch Stadtwerke sich weigern, Strom aus fossilen/nuklearen Brennstoffen zu kaufen, um so weniger rechnet sich der Bau und Betrieb solcher Anlagen! Und um so mehr der Bau/Betrieb regenerativer Anlagen. Ganz einfach Angebot und Nachfrage. Ein Effekt entsteht erst, wenn eine "kritische Masse" erreicht ist - aber 97000 Kunden auf einen Schlag - ist doch schonmal was!

    Ich find's super. Die Stadtwerke KS sollten nun zum echten Ökostromanbieter werden und den Ausbau der Regenerativen entsprechend fördern.

     

    Und weitere Stadtwerke sollten folgen!

  • BW
    bernhard wagner

    Einen bitteren Beigeschmack hat die Sache ist, weil das Modell nicht verallgemeinerbar ist, denn Schweden kann nicht jede deutsche Stadt mit Strom aus Wasserkraft versorgen. Kassel und andere Städte haben in den letzten Jahren versäumt, auf alle geeigeten Dächer Photovoltaikanlagen zu installieren (neben Kollektoren für Warmwasser). Auch gibt es heute - bisher noch weitgehend ungenutzte - Wasserkrafttechnik, sogar für kleine Gewässer. Beides wäre, neben Stromsparen ein langfristig besseres Konzept, v.a. wäre es in ganz Europa ähnlich möglich. In verkarsteten, abgelegenen Regionen Südeuropas, v.a. allen Mittelmeerländern, wären außerdem viele Solarparks möglich (Parabolrinnen- oder Photovoltaik-Anlagen). Auch die Türkei und andere Länder der Erde bräuchten bei ähnlichen Konzepten keine AKW, keine Kohlekraftwerke und keine riesigen Staudämme.

  • G
    Geroell

    Ich verstehe nicht, wie diese Umstellung die Stadtwerke Kassel vor einem möglichen Verkauf schützen sollen und was der Mitarbeiter an der Strombörse entdeckt hat.

  • D
    D.Frick

    WOW! Es ist völlig egal weshalb. Wichtig ist die konsequente Umstellung auf erneuerbare Energie.

    Da möchte ich doch glatt in Kassel leben...