Führungswechsel bei Doping-Fahndern: Alles bleibt anders
Die Welt-Antidoping-Agentur Wada bekommt einen neuen Boss, doch es ist fraglich, ob der australische Politiker John Fahey überhaupt geeignet ist.
MADRID taz Die Geschichte der Welt-Antidoping-Agentur Wada beginnt - wie kann es anders sein - mit einem Radsportskandal. Nach der Doping-Tour des Jahres 1998, während der das Team Festina als radelnder Pharmakonzern überführt worden war, herrscht in den Sportverbänden und der Politik Einigkeit darüber, dass der Sport nur dann eine Zukunft hat, wenn Manipulation und Betrug aus dem Sportbetrieb verbannt werden. Im Februar 1999 wird die Wada gegründet. Richard Pound, damals Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wird ihr erster Präsident.
Zum Jahresende scheidet er aus. Turnusgemaß wählt der Stiftungsrat der Wada, der am Rande der heute in Madrid beginnenden dritten Welt-Antidoping-Konferenz zusammentritt, einen neuen Präsidenten. Richard Pound ist milde gestimmt am Tag vor Kongressbeginn. Er präsentiert sich als Chef eines wohlbestellten Hauses. Übergeben muss er es an einen, den kaum jemand kennt und von dem niemand so recht weiß, was man von ihm halten soll. Der Australier John Fahey soll ihm folgen. Als Antidopingkämpfer ist er bislang noch nicht aufgefallen. "Ich weiß nichts über ihn", sagt Richard Pound über den ehemaligen Finanzminister Australiens, der nur einmal auch in der Welt des Sports für Schlagzeilen gesorgt hat. Als damaliger Premier der Provinz New South Wales verhalf er der Olympiabewerbung Sydneys zum Erfolg.
Nicht ganz geheuer ist Fahey auch den europäischen Mitgliedern im Stiftungsrat der Wada. Die sind immer noch so verdutzt über die Kandidatur des Australiers, dass sie Richard Pound gebeten haben, noch ein Jahr dranzuhängen als Präsident der Wada. "Nein, das werde ich nicht machen", stellte Pound am Mittwoch noch einmal klar. Der neue Wada-Präsident wird also John Fahey heißen. Die Europäer waren sich sicher, dass der ehemalige französische Sportminister Jean-Francois Lamour dem Kanadier Pound nachfolgen würde. Der bisherige Vize der Wada war lange einziger Kandidat. Als Fahey seinen Hut in den Ring warf, einen regelrechten Wahlkampf für sich in den außereuropäischen Ländern startete, gab Lamour auf und schrieb Richard Pound einen bitterbösen Brief. Darin äußerte er seine Sorgen darüber, dass ein Außenseiter, der nur auf den Plan getreten sei, um seinem Heimatland Australien einen renommierten internationalen Repräsentationsposten zu verhelfen, dass so einer der Falsche sei im Kampf gegen das Dopingproblem im Sport. Die Reaktionen in Australien zeigen, dass Lamour so falsch nicht liegt mit seinen Vermutungen. Dort ist man vor allem deshalb stolz auf Fahey, weil die Wada-Präsidentschaft, so Sport-Minister George Brandis, "das höchste Amt im Sport ist, das je von einem Australier besetzt gewesen ist". Fahey selbst macht indes keinen Hehl daraus, dass er nicht viel von der Materie versteht, für die er schon ab Januar zuständig sein wird. Er könne die Namen bestimmter Dopingsubstanzen nicht einmal aussprechen, sagte er der Zeitung The Australian. Richard Pound hält sich vornehm zurück, was Urteile über seinen Nachfolger angeht. Er verweist auf die Satzung der Wada.
In der ist eine Rotation vorgeschrieben. Pound ist als Kandidat der olympischen Sportbewegung an die Wada-Spitze gewählt worden. Ihm hat nun ein Funktionär zu folgen, der von staatlichen Organisationen ins Rennen geschickt wird. Für Pound ist das ein ganz normaler Vorgang, der sogar dazu angetan sei, die Transparenz und Unabhängigkeit der Wada zu unterstreichen. Dass es überhaupt gelungen ist, eine wirklich unabhängige Stiftung zu gründen, die zur Hälfte von der Sportbewegung und zur anderen Hälfte von Regierungen getragen werde, sei der größte Erfolg im Kampf gegen Doping, so wie er seit 1999, als die erste Welt-Antidoping-Konferenz tagte, ausgetragen wird.
Dass der gescheiterte europäische Kandidat Lamour nun befürchtet, mit Fahey ziehe der Lobbyismus in die Wada-Spitze ein, kann Pound nicht nachvollziehen. Er weiß, dass Doping immer noch viel präsenter ist, als "die meisten zynischen Beobachter sich das je vorstellen konnten". Die Skandal-Tour 2007 hat auch ihn einmal mehr verstört. Und doch sei die Sportwelt in den acht Jahren seiner Amtszeit ein gutes Stück heiler geworden. "Nach dem Festina-Skandal, da hat doch keiner dem anderen vertraut", sagte er gestern. Und: "Ich selbst war erstaunt, welch großes Chaos geherrscht hat in der Dopingbekämpfung." Jedes Land, jeder Verband habe seine eigenen Regeln gehabt. Seit 2003 gibt es einen Kodex, den Wada-Code, der die Vergehen eindeutig klassifiziert, der die Strafen einheitlich regelt. Er ist Teil der Unesco-Konvention gegen Doping, die von 109 Staaten - darunter Deutschland - unterzeichnet wurde und seit Januar in Kraft ist. Der Antidopingkampf ist Teil staatlichen Handelns geworden. In Madrid soll der Wada-Code nun "angepasst" werden. Damit hätte der Kanadier Richard Pound sein Werk vollendet. Er ist sich sicher, dass es nicht gefährdet ist - egal, wer sein Nachfolger wird.
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