Deutschland gegen Wales: Ersatzteile aus Malta

Die deutsche Nationalmannschaft wird nach einem langweiligen 0:0 gegen Wales von den Fans ausgepfiffen. Dafür stecken sie jetzt mit Italien, Holland und Frankreich im Lostopf für die EM-Gruppenauslosung.

Dürfen trotzdem zur EM. Bild: reuters

FRANKFURT AM MAIN taz In den Katakomben des Frankfurter Waldstadions bot sich nach dem langweiligen 0:0 der deutschen Fußballnationalmannschaft im letzten, weitgehend bedeutungslosen EM-Qualifikationsspiel gegen Wales ein interessanter Anblick für die schreibenden Journalisten. Sie standen vor einer Wand von Werbetafeln, hinter der die Nationalspieler von einem Radio- oder Fernsehinterview zum nächsten spazierten, ehe sie um den Sichtschutz herum in die Kabinen weiter wanderten. Die Journalisten konnten also lediglich die Beine der Spieler bis zum Oberschenkel sehen, schon die Nummern auf den kurzen Hosen waren von den Werbebanden verdeckt.

Es begann das heitere Ratespiel, welche Beine zu welchem Spieler gehörten. Das Quiz war deutlich aufregender als die vorangegangenen 90 Minuten, die Trefferquote aber ähnlich gering. Wenn beispielsweise Miroslav Klose als Inhaber eines Beinpaars vermutet wurde, dann stapfte eben Clemens Fritz hinter dem Sichtschutz hervor oder umgekehrt.

Gruppe D, in Frankfurt/Main:

Ergebnis: 0:0

Deutschland: Lehmann (FC Arsenal) - Castro (Bayer Leverkusen/ - 56. Hilbert/VfB Stuttgart), Mertesacker (Werder Bremen), Metzelder (Real Madrid), Lahm (Bayern München) - Fritz (Werder Bremen), Borowski (Werder Bremen), Hitzlsperger (VfB Stuttgart - 46. Rolfes/Bayer Leverkusen), Podolski (Bayern München) - Klose (Bayern München), Gomez (VfB Stuttgart - 71. Neuville/Bor. Mönchengladbach)

Wales: Hennessey (Wolverhampton Wanderers) - Ricketts (Hull City), James Collins (West Ham United), Gabbidon (West Ham United), Nyatanga (FC Barnsley), Gunter (Cardiff City) - Ledley (Cardiff City), Fletcher (Crystal Palace), Edwards (Luton Town 90.+1 Crofts/FC Gillingham) - Simon Davies (FC Fulham) - Earnshaw (Derby County - 56. Easter/Pymouth Argyle)

Schiedsrichter: Balaj (Rumänien)

Zuschauer: 49 262 (ausverkauft)

Gelbe Karten: - / James Collins, Hennessey, Gabbidon

Schnell stellte sich angesichts der ernüchternden Erfolgsquote im Ratespiel unter vermeintlichen Experten die Frage, ob die Beine der Nationalspieler denn auch wirklich die Originalsportgeräte der Elitekicker waren. Oder waren die 22 übers Feld trabenden deutschen Gehwerkzeuge womöglich zwischen dem teils bezaubernden 4:0-Sieg gegen Zypern und dem Anpfiff des Duells mit Wales gegen Ersatzteile aus Malta eingetauscht worden? Deren Qualität hatte Rudi Völler in den vergangenen Tagen bei seinem verbalen Angriff auf den angeblich mit Füßen von der Mittelmeerinsel ausgestatteten Oliver Bierhoff ja deutlich in Zweifel gezogen. Tatsächlich wirkten die Bemühungen eines vor wenigen Tagen noch so leichtfüßigen Lukas Podolski etwa so wie ein unbeholfener Schussversuch mit einer Tipp-Kick-Figur. "Heute war ein Tag, wo uns wenig gelungen ist", bestätigte Bundestrainer Joachim Löw gelassen.

Den seit der WM 2006 eigentlich so dankbaren Fans fehlte diese Gelassenheit. Schon zur Halbzeit schallte ein Pfeifkonzert durch die WM-erprobte Arena. Nach dem Schlusspfiff wollten die Frankfurter Fußballfreunde gar nicht mehr aufhören mit ihren Missfallensbekundungen. Selbst als die Nationalspieler ein Transparent mit den warmen Worten "Danke Fans - mit Euch zur EURO 2008" ins weite Rund hielten und "Oh, wie ist das schön" durch die Stadionlautsprecher schmetterte, ließen sich die Zuschauer nicht beschwichtigen. Sehr zum Ärger von Torhüter Jens Lehmann, dessen souveräne Leistung übrigens darauf schließen lässt, dass Malta nicht auch noch Arme an den DFB geliefert hat. "Ich finde es unfassbar, dass man im eigenen Land ausgepfiffen wird, wenn man sich mit einem Plakat bei den Fans bedankt. Man hat den Eindruck, dass der Deutsche froh ist, wenn er kritisieren darf", sagte Lehmann und lieferte noch einen erstaunlich einsichtigen Nachschlag: "Vielleicht bin ich ja auch so."

Bis zu einem Turnier im Sommer, das wissen die leidgeprüften deutschen Nationalspieler freilich, kann sich winterlich trübe Stimmung indes wieder locker um 180 Grad drehen. Beispielsweise dann, wenn die Deutschen - dank des durch die Punkteteilung erwirkten und im Vorhinein als so erstrebenswert gehandelten Absturzes aus Lostopf eins - bei der Gruppenauslosung am 2. Dezember vom Losglück beseelt sind. Und in der Vorrunde auf die nun möglichen leichten Wunschgegner wie Erzrivale Holland, Weltmeister Italien und Vizeweltmeister Frankreich zu treffen. DANIEL MEUREN

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