Nach sieben Monaten in türkischer U-Haft: Keine schnelle Hilfe für Marco W.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte greift nur ein, wenn das Leben oder die Gesundheit irreparabel bedroht sind. Und selbst dann dauert so ein Verfahren lange.

Freunde des 17-jährigen Schülers Marco, der wegen Vergewaltigung angeklagt ist. Bild: ap

FREIBURG/BERLIN taz Die Bundesregierung "erwägt", eine Klage von Marco W. beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu unterstützen. Das teilte gestern das Justizministerium mit. Der 17-Jährige sitzt seit sieben Monaten in türkischer U-Haft. Eine 13-jährige Engländerin beschuldigt ihn der versuchten Vergewaltigung. Seine Anwälte halten die U-Haft für überlang und haben schon mehrfach eine Klage beim EGMR in Straßburg angekündigt.

Die EGMR-Klage allein kann Marco aber nicht aus dem Gefängnis holen. Falls der Straßburger Gerichtshof die lange U-Haft als Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention wertet, erhielte der Schüler nur Schadenersatz. Ohnehin dauert ein solches Verfahren einige Jahre. Allerdings kann der EGMR den Staaten auch "vorläufige Maßnahmen" empfehlen.

Solche Empfehlungen sind keine Beschlüsse des Gerichts, sondern Briefe an die Regierungen. Diese kommen in der Regel freiwillig den Empfehlungen des Gerichtshofs nach. Üblicherweise werden Interimmaßnahmen aber nur empfohlen, wenn das Leben oder die körperliche Unversehrtheit eines Antragstellers irreparabel bedroht sind, zum Beispiel bei der drohenden Abschiebung in einen Folterstaat.

Im Fall der U-Haft Marco W.s müssten die Anwälte also zumindest schwere Gefahren für die körperliche oder psychische Gesundheit geltend machen. Vermutlich wissen die Anwälte selbst, dass ein vorzeitiger Gang nach Straßburg wenig Erfolgschancen hat. Nächster Verhandlungstermin in der Türkei ist der 14. Dezember.

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