Kommentar Kroatien: Stabile Demokratie

In Kroatien gibt es nach der Wahl fast ein Patt der großen Parteien. Jetzt kommt es auf die kleinen Parteien der Mitte an. Fest steht: Kroatien ist ein normaler Staat geworden.

Wer in Kroatien künftig die Regierung stellen wird, ist noch unklar: Das linke, proeuropäische Milieu der Städte und das konservative, katholische der ländlichen Bevölkerung haben sich als etwa gleich stark herausgestellt. Jetzt kommt es auf die Stimme der kleinen Parteien der Mitte an.

Störend ist, dass die kroatische Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina in Kroatien mitbestimmen darf. Zwar hat es Zagreb aufgegeben, in das Nachbarland hineinzuregieren - wie Belgrad es noch immer tut. Die Stimmen der ländlichen Bevölkerung der Westherzegowina hat der kroatische Premier Ivo Sanader jedoch gern entgegengenommen und damit ein leichtes Übergewicht erreicht. Immerhin ist hübsch, dass aufgrund des Wahlrechts für Minderheiten ein Rom die Interessen der Kroaten deutscher, österreichischer und jüdischer Herkunft im Parlament vertreten wird. Das ist einmalig in Europa.

Der konservative Sanader will nun das Bündnis aus Liberalen und Bauern für sich gewinnen. Er setzt auf die schon bisher die Regierung stützende serbische Minderheit und muss die Stimmen der Wahlverlierer der Rechtsradikalen und der Rentnerpartei zusammenkratzen, um die nötige Mehrheit im Parlament zu erreichen. Sollte es ihm gelingen, wäre die eigentliche Wahlsiegerin, die sozialdemokratische SDP, in die Opposition gedrängt.

Doch noch ist die Partei nicht chancenlos. Denn mit der linken Volkspartei HNS und den Regionalparteien besitzen die Sozialdemokraten verlässliche Partner. Es kommt also auf das Bündnis der Liberalen und Bauern an, die bis 2003 mit der SDP regierten. Den Königsmachern muss von beiden Seiten jetzt schon einiges an Einfluss und Regierungssitzen geboten werden, um sich zu entscheiden.

Aber all das kennen wir in Mitteleuropa. Kroatien ist ein ganz normaler Staat geworden. Der Wahlkampf war wenig aufregend, es prallten keine ideologischen Positionen wie in früherer Zeit aufeinander. Das rechte wie das linke Lager sind dazu gezwungen, die kleinen Parteien in der Mitte des politischen Spektrums zu umwerben. Kroatiens Demokratie darf als stabil gelten.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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