Die Zukunft Südafrikas: Ende der Konsenspolitik

Ein Richtungsstreit spaltet den regierenden ANC: Wird Linkspopulist Jacob Zuma Partei- und bald Staatschef?

Machtwechsel? Staatschef Thabo Mbeki will ANC-Präsident bleiben, doch auch sein bisheriger Stellvertreter Jacob Zuma bewirbt sich um das Amt. : dpa

JOHANNESBURG taz Südafrikas Regierungspartei ANC (Afrikanischer Nationalkongress) zieht am Wochenende in einen Parteitag, der eine Richtungsentscheidung für die Zukunft des Landes treffen wird: die Wahl des neuen Parteipräsidenten, der den ANC als Spitzenkandidat in die nächsten Wahlen 2009 führen und danach Staatschef werden wird. Die Spaltung in der Partei darüber geht tief, und aus Sorge vor einer "unsauberen" Atmosphäre beim Parteitag vom 16. bis 20. Dezember in Polokwane hat ausgerechnet ANC-Veteranin Winnie Madikizela-Mandela, die streitbare Ex-Ehefrau von Nelson Mandela, zur Einheit aufgerufen. Die nominierten Kandidaten, der stellvertretende ANC-Präsident Jacob Zuma und der amtierende ANC-Präsident und Staatschef Thabo Mbeki, sollen ihrem Vorschlag zufolge ihre derzeitigen Ämter einfach behalten.

Der Vorschlag hat wenig Chancen, aber der ANC steht vor seinem größten Test seit seiner Machtübernahme 1994. Laut Südafrikas Verfassung darf Staatschef Thabo Mbeki 2009 nach Ende seiner zweiten fünfjährigen Amtszeit nicht erneut kandidieren. Er will ANC-Präsident bleiben, denn das sichert ihm Einfluss auf die Entscheidung über seine Nachfolge. Nun aber bewirbt sich der Populist Zuma, der eine Reihe von Affären hinter sich hat, selbst um das Amt. Er konnte vorab die Mehrheit der Parteibasis hinter sich bringen: In den Nominierungen der ANC-Mitglieder führt Zuma in fünf von neun Provinzen.

Selbst die ANC-Frauenliga hat sich hinter Zuma gestellt. Bei parteiinternen Veranstaltungen hält sich Mbeki im Hintergrund, während Zuma singend und tanzend auf jedem Podium für sich wirbt. Eine Anklage wegen Vergewaltigung einer HIV-infizierten Frau brachte ihm weniger Schaden ein, als zu erwarten war. Er wurde freigesprochen. Doch seine Verwicklungen in Korruption sind ungeklärt: Eine mögliche Anklage steht noch aus und könnte den Weg zur Spitze verbauen. Mbeki hatte ihn deswegen 2005 als Stellvertreter gefeuert. Aber Zuma genießt den Zuspruch der Linken und mehrheitlich seines Zulu-Volkes. Sie meinen, die Anklagen seien konstruiert, um ihn vom Präsidentschaftsrennen auszuschließen.

Zumas Unterstützer erhoffen sich von ihm mehr Volksnähe, mehr Hilfe für die Armen und mehr Arbeitsplätze. Thabo Mbeki gilt als unternehmerfreundlich und zentralistisch. Obwohl selbst linke Politiker von Zuma kein Abweichen von der bisherigen stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik des ANC erwarten, hoffen sie auf Wandel. "Es ist eine Frage des Verhaltens gegenüber den Partnern", sagt Blade Nzimande, Chef der Kommunistischen Partei, die sich als Partner des ANC in der Regierung ebenso übergangen fühlt wie der Gewerkschaftsbund Cosatu.

Sollte Zuma als Sieger aus der Wahl der rund 4.000 ANC-Delegierten in Polokwane hervorgehen, erhöht sich der Druck auf Thabo Mbeki, vorgezogene Wahlen auszurufen. "Oder es gibt ein Abkommen, dass Mbeki regieren kann, ohne Zumas Vorgaben als ANC-Präsident folgen zu müssen", sagt Professor Adam Habib von der Universität Johannesburg.

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