Kampfjets im Nordirak: US-Hilfe für Angriff der Türkei

Bei einem Einsatz der Luftwaffe gegen vermutete Stellungen der separatistischen PKK sind im Nordirak werden mehrere Menschen getötet worden.

Schäden der Angriffe noch unklar: Türkische Militärhubschrauber an irakischer Grenze Bild: dpa

ISTANBUL taz Einen Tag nach den schweren Luftangriffen türkischer Kampfflugzeuge gegen Stellungen der kurdischen PKK im Nordirak war zunächst noch unklar, welche Schäden die Bomben verursacht haben. Während türkische Zeitungen am Montag schwere Verluste für die PKK meldeten, machte die Armee dazu keine Aussagen. In einer Stellungnahme sagte Generalstabschef Yasar Büyükanit lediglich, die Angriffe hätten sich ausschließlich gegen die PKK und nicht gegen nordirakische Kurden gerichtet. Es seien keine Zivilisten betroffen gewesen.

Dem widerspricht erwartungsgemäß die PKK. In einer über Internet verbreiteten Erklärung behauptet sie, dass etliche Dörfer getroffen worden seien, dabei mindestens drei Zivilisten getötet und etliche schwer verletzt wurden. Außerdem seien fünf PKK-Mitglieder getötet worden. Mehrere Dörfer seien so stark zerstört worden, dass insgesamt 140 Menschen nun durch die Berge irren und nach einer Notunterkunft suchten.

Als eher neutrale Quelle gab ein Sprecher der nordirakischen Autonomieregierung an, eine Zivilistin sei getötet und drei verletzt worden. Aussenminister Hoschjar Sebari beschwerte sich, der Angriff sei nicht mit mit seiner Regierung abgesprochen worden.

Die türkische Luftwaffe hatte am frühen Sonntagmorgen zwischen 1:00 und 3:30 mit insgesamt fünfzig Kampfflugzeugen vier Ziele im Nordirak angegriffen. Dabei lag das am weitesten von der türkischen Grenze entfernte Ziel 180 Kilometer im Nordirak, wo das angebliche Hauptquartier der PKK in den Kandil-Bergen angegriffen wurde.

Nach Auskunft von Generalstabschef Büyükanit war die gesamte Operation mit den USA abgestimmt. "Die USA haben den Luftraum für uns geöffnet, so dass die türkische Luftwaffe in einem vorher bestimmten Korridor operieren konnte", sagte er einem Fernsehinterview. Zuvor hätten die USA, wie zwischen Ministerpräsident Tayyip Erdogan und US-Präsident George W. Bush verabredet, den türkischen Generalstab mit "zeitnahen Geheindienstinformationen" versorgt, auf deren Basis dann die Luftangriffe durchgeführt werden konnten. Von US-amerikanischer sagte ein Sprecher des Pentagon lediglich, die USA betrachteten die PKK als einen gemeinsamen Feind beider Länder.

Auf diese Formel hatten sich Erdogan und Bush bei dem Besuch des türkischen Ministerpräsidenten in Washington Anfang November verständigt. Bei diesem Treffen hatte Bush auch zugesagt, die Türkei zukünftig mit Geheimdienstinformationen über die PKK zu unterstützen. Der Angriff von Sonntagmorgen kann deshalb als Praxistest dafür gelten, dass Verabredungen eingehalten werden und die militärische Kooperation zwischen den beiden Nato-Partnern nach mehrjähriger Unterbrechung wieder funktioniert.

Angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit ist aber nicht damit zu rechnen, dass die Bombenangriffe nur der Auftakt zu einer größeren Militäraktion sind, über die in der Türkei seit Monaten diskutiert wird. Der Schnee im türkisch-irakischen Grenzgebiet macht Bodenoperationen vor dem kommenden Frühjahr praktisch unmöglich. Wichtig war offenbar, zu demonstrieren, dass die Armee nicht nur drohen, sondern auch zuschlagen kann. Das dient als innenpolitisches Ventil und eröffnet nun womöglich die Chance, stärker über politische Lösungen der Kurdenfrage zu reden, als immer wieder mit dem Militär zu drohen. Den Auftakt dazu könnte eine neue Amnestie für PKKler bilden, über die seit einigen Wochen heftig diskutiert wird.

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