Boston Celtics auf Erfolgskurs: Die unterforderten Außenseiter

Mit der Kraft der über 30-Jährigen schwingt sich das Basketballteam der Boston Celtics zum Titelaspiranten auf.

Im gesegneten Basketballeralter: Kevin Garnett (re.), der Mann mit den Spinnenarmen. Bild: rts

Es war mitten in der Nacht, Kendrick Perkins schlief selig, als die Erde unter ihm zu beben begann. Weil aber New England nicht als Epizentrum bekannt ist, war dem schläfrigen Center der Boston Celtics trotz der späten Stunde schnell klar, dass nur sein Bett zusammengestürzt war. Beim Versuch allerdings, die schiefe Schlafstätte wiederaufzurichten, stürzte die andere Hälfte des Bettrahmens auf seinen großen rechten Zeh. Der 2,08 Meter große Mann musste daraufhin ein Spiel aussetzen.

Abgesehen von Perkins nächtlichem Unfall aber läuft die Saison der ehrwürdigen Celtics nahezu perfekt. Der Rekordmeister der NBA knüpft an glorreiche Tage an und hat mit 20 Siegen bei nur zwei Niederlagen die beste Bilanz der Liga. Der Erfolg kam mit Kevin Garnett und Ray Allen, zwei Allstars, die Celtics-Manager Danny Ainge im vergangenen Sommer nach Boston lotsen konnte. Vor den Transfers galten die Celtics als krasser Außenseiter: Die Buchmacher in Las Vegas zahlten 35:1, sollte Boston die NBA-Finalserie erreichen. Nach der Verpflichtung von Garnett und Allen sank die Quote prompt auf 5:2. Mit den beiden Neuzugängen und dem schon seit Jahren in mittelmäßigen Bostoner Teams dahindümpelnden Paul Pierce haben die Celtics nun drei Stars in ihren Reihen, die in der Lage sind, ein Spiel im Alleingang zu entscheiden, aber auch noch nie NBA-Meister waren.

Und bislang bestätigt das neu formierte Team, dass Erfolg offensichtlich doch käuflich ist. Zu Hause sind die Celtics noch ungeschlagen. Auch der Ausfall von Allen, der sich den Knöchel verstaucht hat, konnte in den letzten beiden Spielen die Siegesserie nicht stoppen. Die drei Stars fügen sich bescheiden in reduzierte Rollen und teilen sich die Last des Punktens nahezu gleichberechtigt. Von Allen, einem der besten Distanzschützen der NBA, hatte man das nicht anders erwartet, aber selbst der als egozentrische Punktemaschine verschriene Pierce stellt sich ganz in den Dienst der Mannschaft: "Ich konzentriere mich vor allem auf meine Verteidigung."

Mit Erfolg. Vor allem dank dem mit Spinnenarmen ausgestattetem Garnett ist Boston das Team mit der besten Verteidigung der Liga - zumindest statistisch. Gerade mal 87 Punkte gelingen ihren Gegnern im Schnitt, nur 41,4 Prozent erfolgreicher Würfe aus dem Feld gestatten die Celtics. "Wir wissen, dass wir unsere Spiele in der Defensive gewinnen", sagt Garnett, "und die Defensive bringt die Offensive in Gang. Das hat funktioniert." Bislang jedenfalls. Denn ein Blick auf den Spielplan zeigt, dass Boston seine Siege vor allem gegen die Leichtgewichte der Liga sammelte.

Die Mannschaft ist bisher eher unterfordert. Nach einem in der zweiten Halbzeit eingefahrenen Kantersieg gegen die Milwaukee Bucks stellte Pierce fest: "Wir können immer noch einen höheren Gang einlegen, wenn es sein muss." Allerdings: Gegen die Meisterschaftsfavoriten aus dem Westen, San Antonio, Phoenix oder Dallas musste man noch nicht antreten, und gegen Orlando, das Überraschungsteam aus dem Osten, gab es eine Niederlage. Umso sehnsüchtiger wird der Showdown heute Nacht gegen Detroit erwartet, sind die Pistons doch das seit Jahren dominierende Team im Osten und wohl die Einzigen, die einen Durchmarsch der Celtics verhindern können.

Alles andere aber als der Titel wäre eine Enttäuschung für die drei Superstars, die ausschließlich deswegen zusammengekommen sind, um diese eine Lücke in ihrer Karriere zu füllen. Um das Saisonziel zu erreichen, müssten die Celtics allerdings historische Gesetze widerlegen. Bislang hat es noch kein Team geschafft, NBA-Champion zu werden, wenn die drei besten Punktesammler die 30 überschritten hatten. Sowohl Garnett (31) als auch Pierce (30) und Allen (32) sind aber bereits im gesegneten Basketballer-Alter angekommen. Folglich hat Garnett auch eine Einladung der Nationalmannschaft für Olympia in Peking abgesagt, weil er sich ganz auf die Celtics und den großen Traum vom Titel konzentrieren will. Vielleicht findet er so ja auch noch Zeit, das Bett von Kendrick Perkins vernünftig zusammenzuschrauben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.