Zu kompliziert, zu groß, zu riskant

INSTABIL Um „systemrelevante“ Großbanken nicht mehr mit Steuermilliarden retten zu müssen, will die EU sie aufspalten

HAMBURG taz | Unter Josef Ackermann war Europas größtes Geldhaus in Schieflage geraten. Jetzt aber, bei der Bilanzpräsentation der Deutschen Bank am Donnerstag, wollten Ackermanns Nachfolger, die Bankchefs Jürgen Fitschen und Anshuman Jain, die ersten Erfolge einer runderneuerten Universalbank feiern, die gleichberechtigt Investmentbanking und das klassische Geschäft mit Sparern und Mittelstandskrediten betreibt.

Doch die Rechnung hatten sie ohne SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die sogenannte Liikanen-Kommission der EU gemacht: Das nach dem finnischen Notenbankpräsidenten Erkki Liikanen benannte Expertengremium hatte vergangene Woche gefordert, die „systemrelevanten“ Geldgiganten zerschlagen. So wollen sie verhindern, dass Banken mögliche Verluste aus Spekulationsgeschäften mit den Einlagen ihrer Kunden ausgleichen – und der Staat die strauchelnden Banken retten muss.

Im Fall der Deutschen Bank spricht vieles für eine Trennbank. Da ist zunächst das als teilweise hochriskant eingeschätzte Investmentbanking, also der Handel mit Wertpapieren auf eigene und fremde Rechnung, der Devisenhandel oder die Vollstreckung einer feindlichen Übernahme für Kunden.

Liikanens Konzept sieht eine Ausgliederung des Investmentbankings vor, wenn dessen Anteil am Geschäftsvolumen mehr als 15 bis 25 Prozent beträgt oder einen absoluten Grenzwert von 100 Milliarden Euro überschreitet. „Die Spielräume für spekulative Geschäfte sind da noch immer viel zu großzügig“, sagt Kanzlerkandidat Steinbrück, der vor vier Monaten einen eigenen Vorschlag für ein Trennbankensystem präsentiert hatte.

Die Deutsche Bank verbucht allein für den Investmentbereich schon 1.145 Milliarden Euro (2011) – was 53 Prozent des Gesamtgeschäfts ausmacht (siehe Grafik). Kritiker halten die drei Dutzend Geldgiganten, die als „systemrelevant“ für die Finanzwirtschaft gelten, außerdem für zu kompliziert konstruiert.

Die amerikanische Finanzaufsicht FDIC – in den USA ist man hier weiter als in Europa – verlangte von allen großen Akteuren einen Notfallplan. Dabei zeigte sich, dass die Deutsche-Bank-Gruppe nicht nur rund 100.000 Menschen in 72 Ländern beschäftigt, sondern auch über ein Netzwerk mit mehr als 2.900 Tochtergesellschaften und Beteiligungen weltweit verfügt.

Nicht zuletzt ist es die schiere Größe, die Peer Steinbrück, Attac oder die Linkspartei von einer sogenannten Trennbank träumen lässt. 2.164 Milliarden Euro beträgt die Bilanzsumme (2011) der Deutschen Bank. Das ist mehr als das Zehnfache der gesamten Wirtschaftsleistung des Euro-Sorgenkindes Griechenland.

Die Deutsche Bank lehnt jedoch eine Trennbank ab. „Unsere Kunden schätzen das Universalbankmodell“, sagt ein Sprecher auf Anfrage, „weil sie mit allen Finanzdienstleistungen, auf die Unternehmen in einer modernen Volkswirtschaft angewiesen sind, aus einer Hand bedient werden.“ Die reine Größe sage nichts über das Risikopotenzial aus. Entscheidend sei „die Qualität eines Assets“, also einer Einlage: Eine Bundesanleihe im Handelsbestand habe ein geringeres Risiko als ein schlecht besicherter Immobilienkredit.

Tatsächlich sind die Trennbanken keine Zauberwaffe für mehr Finanzstabilität. Dies zeigt ein Rückblick auf die Banken-Finanz-Wirtschafts-Staatsschuldenkrise, die seit Sommer 2007 die Weltwirtschaft in Atem hält: Die heftigsten Turbulenzen löste eine reine Investmentbank namens Lehman Brothers aus.

HERMANNUS PFEIFFER