Kommentar Ökoenergieskandal: Was der Obstbauer lehrt

Was für Äpfel und Birnen recht ist, sollte für Energie erst recht billig sein. Unternehmen, die den Atomausstieg hintertreiben, sollten kein Ökostrom verkaufen dürfen.

Schauen wir uns das Ganze mal nüchtern an. Stellen wir uns vor, wir stehen am Marktstand eines Obstbauern. Der Mann bietet uns Äpfel an, die mit allem, was die Chemieküche hervorbringt, behandelt sind. Nur in einer Kiste liegen Äpfel von angeblicher Bioqualität. Sie sehen genauso aus, wie die anderen, aber sie sind teurer. "Wir wollen eben fortan auch unsere Ökokunden bedienen", erklärt uns der Obstbauer.

Wir reagieren skeptisch, wollen auf das Angebot nicht so recht anspringen. Denn unser Bauchgefühl bremst uns. Zumal dann, wenn wir wissen, dass genau dieser Obstbauer keine Situation auslässt, um der Öffentlichkeit kundzutun, dass ohne Chemie der Obstbau doch gar nicht funktionieren könne. Wir wenden uns also ab und kaufen lieber beim Ökobauern am Nachbarstand, der ausschließlich Ökoware erzeugt. Zudem ist der glaubhafter, weil er auch politisch die Agrochemie verurteilt und sich für Bio engagiert.

Wird nun nicht mit Äpfeln gehandelt, sondern mit Strom, ist die Sensibilität vieler Kunden offensichtlich geringer. Ansonsten wäre die Empörung jetzt nicht so groß, nachdem aufgeflogen ist, dass Atomstrom munter zu Ökostrom umetikettiert wurde. Natürlich ist das Ganze ein Skandal - aber er war zu erwarten. Denn Unternehmen, die gleichzeitig den Atomausstieg hintertreiben, wo es nur geht, können nie und nimmer glaubwürdige Ökostromverkäufer sein. Merke: Wo zugleich mit Atomstrom gehandelt wird, ist der Schmu programmiert.

Vordenker im Ökostrommarkt erklären daher seit Jahren, dass ein wahrer Ökostromanbieter keine Verflechtungen mit der Atomwirtschaft haben darf. Er darf weder Anteilseigner aus der Atombranche haben, noch darf er von solchen Unternehmen Strom beziehen. Nur wurden diese Mahner auch in der Ökoszene nicht immer gehört.

Was heißt das für den Verbraucher? Er lässt künftig die Finger von den Ökostromangeboten von Unternehmen, bei denen Eon, Vattenfall & Co mit im Boot sitzen - auch viele Stadtwerke zählen dazu -, und wendet sich den reinen Ökoanbietern zu. Am besten jenen, die sich auch politisch gegen Atomstrom engagieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.