Kommentar Sri Lanka: Regierung setzt auf Gewalt

In Sri Lanka ist der Friedensprozess vorerst gescheitert. Nach dem Abzug der Norweger ist jetzt die UNO gefragt, in einer Friedensinitiative zu vermitteln.

Der Friedensprozess in Sri Lanka kann vorerst als gescheitert gelten. Die nordische Beobachtermission muss abziehen. Am Wochenende brachen offene Kämpfe zwischen Regierung und der Rebellenorganisation Tamil Tigers aus. Das Regierungslager streitet über den Kurs gegenüber der tamilischen Minderheit. Es scheinen sich die Kräfte durchzusetzen, die auf Gewalt setzen.

Präsident Mahinda Rajapakse hatte letzte Woche verkündet, seine Unterstützung hätte das von der Vorgängerregierung mit den Tamil Tigers geschlossene Abkommen sowieso nie gehabt. Und auch den norwegischen Vermittlern hatte er von Anfang an misstraut. Die geplante Autonomie der tamilisch besiedelten Gebiete im Norden und Osten, die den Frieden schaffen sollte, ging ihm und vor allem seinen singhalesisch-nationalistischen Verbündeten zu weit. Folgerichtig verhärteten sich die Fronten, kaum war Rajapakse vereidigt. Beide Seiten suchten ihre militärische Position zu stärken, doch weder die Regierung noch die LTTE wollte für einen offiziellen Bruch die Verantwortung übernehmen. Aufgerüstet von China und Pakistan und kräftig unterstützt von tamilischen paramilitärischen Truppen, konnte die Armee im vergangenen Jahr die Tamil Tigers von der Ostküste zurückdrängen. Vor zwei Monaten gelang es ihr, den Anführer des politischen Flügels der Tigers zu töten. Doch die militärische Vernichtung der Tigers führt über die Eroberung der unter dem Waffenstillstandsabkommen von den Rebellen autonom verwalteten Region, die den Norden vom Rest des Landes trennt. Eine Großoffensive war dort nicht möglich, solange der international überwachte Waffenstillstand in Kraft war.

Ohne Beobachter, die nicht nur die Menschenrechtsverletzungen der Rebellen, sondern auch die der Regierung anprangern, ist jetzt der Weg frei für die Offensive, die die Tigers so schwächen soll, dass die Regierung ihnen ihre Bedingungen diktierten kann. Zu erwarten, dass die vom Märtyrergeist gestählte LTTE darauf eingeht, ist naiv. Nach dem Abzug der Norweger ist jetzt die UNO gefragt, in einer Friedensinitiative zu vermitteln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.