Protest gegen Garzweiler II: RWE lässt Obstwiese räumen
Stromkonzern vertreibt Umweltschützer mit Hilfe der Polizei aus Braunkohle-Gebiet. Schneller Abbau geplant.
DORTMUND taz Es war eine Blockade ohne Aussicht auf Erfolg. Die kleine Grünfläche, mitten im rheinischen Braunkohlerevier, hatte denkbar schlechte Überlebenschancen gegen die gewaltigen Tagebaubagger des Energiekonzerns RWE. Seit Donnerstagabend ist sie nicht mehr.
Neun Tage hatten Aktive des Umweltverbandes BUND auf ihrer Wiese bei der Ortschaft Jüchen ausgeharrt, um die Maschinen des Energieriesen RWE zu blockieren. Das Unternehmen erhebt Anspruch auf die in der Erde lagernde Braunkohle. Der wurde nun mit rund einem Dutzend Mannschaftswagen der Polizei durchgesetzt. Neun BUND-Mitglieder wurden in den Abendstunden vom Gelände getragen. Unmittelbar danach machten Bagger die 87 Obstbäume sprichwörtlich platt.
Mit der Obstwiese hatte der BUND gegen die Nutzung des klimaschädlichsten Brennstoffs Braunkohle protestiert. Aus den rheinischen Abbaugebieten versorgt RWE seine vier Braunkohlekraftwerke der Region. Allein Garzweiler II, gegen das der BUND protestiert hatte, soll für 40 Jahre Nachschub liefern.
Zwei Klagen des BUND gegen die Räumung und die Zwangsenteignung sind Ende Dezember 2007 vom Oberverwaltungsgericht Münster abgelehnt worden. Vorher mussten schon 3 von insgesamt 13 Ortschaften in dem Gebiet weichen; 7.600 Einwohner sollen umgesiedelt werden. Die Menschen vor Ort hatten sich daher mit dem Protest des BUND solidarisiert. "Wir haben in den zehn Tagen viele Besuche und Zuspruch aus der Bevölkerung bekommen", sagt Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND-Landesverbands NRW.
Trotz des zahlreichen Widerstands hat sich RWE bisher immer durchgesetzt. Das liegt nicht nur an der Braunkohle-freundlichen Haltung der Landesregierung, auch die Gesetzeslage ist in der Regel auf Seiten der Energiekonzerne. Das Berggesetz erlaubt die Enteignung von Privatpersonen, wenn sie notwendig ist, um Bodenschätze mit volkswirtschaftlicher Bedeutung abzubauen. Die Grünen kritisieren das Gesetz, etwa weil Grundstücksbesitzer nicht ausreichend beteiligt werden und Klimaschutz nicht berücksichtigt ist. Gegen die Enteignung will der BUND bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Trotzdem wird sich RWE die Wiese nicht mehr nehmen lassen. Noch in diesem Monat soll der grüne Tupfer im Braunkohlerevier von den Großbaggern ausgelöscht werden.
Leser*innenkommentare
Eibel
Gast
WAS HÄTTE DIE taz DENN SONST DAZU SCHREIBEN KÖNNEN?
z.B. dass die meisten Leute vor Ort sich mit den Umsiedlungen arrangiert haben und die RWE m.W. sehr behutsam und sozial gerecht damit umgeht. Hier hätte man auch mal diffrenzierter schreiben können.
z.B. dass der Protest oft von Leuten kommt, die dort gar nicht herkommen (das Gorleben-Phänomen: Kommen, bleiben, streß machen)
z.B. dass am Ende eines Tagebaus keine Mondlandschaft bleibt, sondern sehr viel Energie und Arbeit in die Rekultivierung gesteckt wird und das rekultivierte Land ökologisch oft diversitärer ist als zuvor! Dafür gebe es viele Beispiele, die man auch mal erwähnen könnte
oder z.B. dass Braunkohle der einzige Deutsche Energieträger ist, der heimisch ist, wirtschaftlich ist, keine Subventionen braucht, noch Generationen zur Verfügung steht und immer effizienter verbraucht werden kann, wenn nicht gegen diese hocheffizienten neuen Kraftwerke ständig demonstriert würde...