Deutsche Entwicklungspolitik: Wilkommen im Dschungel

Die Regierung sollte die Entwicklungspolitik effektiver machen und scheiterte am Widerstand der Institutionen. Grüne kritisieren Wieczorek-Zeul.

Werben für Hilfe: Plakat zur Geberkonferenz vor der Gedächtniskirche. : dpa

Die Struktur der deutschen Entwicklungshilfe ist ein Dschungel: Ob GTZ, InWEnt, DED, CIM oder KfW - kaum einer blickt noch durch, welche staatliche Stellen sich hinter diesen Kürzeln verbergen und wie sie Entwicklungshilfe betreiben. Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) wollte dem Wirrwarr eigentlich ein Ende setzen. Doch es sieht aus, als scheitere sie.

Bald zwei Jahre ist es her, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) ankündigte, eine "Entwicklungszusammenarbeit aus einem Guss zu schaffen". Hauptziel war es, den größten Anachronismus deutscher Entwicklungspolitik zu beseitigen: die Trennung zwischen "finanzieller" und "technischer" Zusammenarbeit. Wirtschaftsprüfer und Bundesrechnungshof haben das empfohlen - und Wieczoreck-Zeul wollte dem in dieser Legislaturperiode nachkommen. Die Ministerin verwaltet allein für 2008 mehr als 3 Milliarden Euro.

Vor allem wollte sie die beiden größten Institutionen der deutschen Entwicklungsarbeit fusionieren. Das sind die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit weltweit rund 12.000 Mitarbeitern und die KfW-Bankengruppe, in der 3.800 Finanzfachleute arbeiten. Doch für den Zusammenschluss gibt es noch immer keinen Zeitplan. Zu stark sind offenbar die Widerstände. Fein säuberlich sind bislang die Zuständigkeiten getrennt, je nachdem ob es sich um technische (GTZ) oder finanzielle (KfW) Aspekte geht. Trotz vereinzelter Kooperationen ist die Zersplitterung praxisfremd, erzeugt Reibungsverlust und wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) kritisiert.

Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, hält das bisherige Ergebnis des Reformprozesses denn auch für ein "Desaster". "Die Reform war eigentlich schon gescheitert, als klar war, dass sich die großen Institutionen nicht zwangsfusionieren lassen", sagt Koczy. Für sie sind die Verantwortlichen klar: "Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und ihr zuständiger Staatssekretär Erich Stather haben keine Führungsstärke bewiesen und müssen mit dem Vorwurf leben, versagt zu haben." Der gescholtene Staatssekretär weist die Kritik von sich, denn das Projekt sei keineswegs begraben. "Eine Gesamtreform der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist noch in dieser Wahlperiode nötig und möglich", sagte Stather der taz. Er weist jedoch darauf hin, dass es noch nicht so weit ist. Das könnte daran liegen, dass die KfW dem Finanzministerium untersteht, das durch eine Fusion von KfW und GTZ Einfluss verlieren würde.

Kritik am Vorgehen des Entwicklungsministeriums hatte der Bundesrechnungshof bereits im Februar 2007 geäußert: Einen "Verfahrensmangel" nennen es die Rechnungsprüfer in ihrem Gutachten, dass das Ministerium vor der geplanten Reform politisch nicht analysierte, welche messbaren Ziele mit der Reform überhaupt erreicht werden sollen. Ohne solche Ziele "sei es nur schwer möglich, ein tragfähiges Konzept für eine Reform zu erarbeiten ", heißt es in dem Gutachten. Fazit der Rechnungsprüfer : "Es gibt keinen Königsweg zu einer Strukturreform."

"Wir müssen jetzt in einem politischen Prozess klären, was die deutsche Entwicklungszusammenarbeit überhaupt leisten soll", fordert deshalb die Grüne Koczy. Ulrich Post vom Verband Entwicklungspolitik (Venro) rät ins Ausland zu schauen: "Länder wie England, Kanada, Holland oder Schweden haben die technischen und finanziellen Aspekte der Entwicklungshilfe in einheitlichen Organisationen gebündelt."

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