Hockeytrainer arbeitet mit Fußballnachwuchs: Coach der Coaches

Exhockeytrainer Bernhard Peters arbeitet seit gut einem Jahr im Fußballgeschäft. Von seinem "anderen Blick" auf den Sport soll der Nachwuchs des TSG 1899 Hoffenheim profitieren.

"Klinsmanns Hockeytrainer" Peters. Bild: ap

Die Gestaltung des Arbeitszimmers verrät recht viel über Bernhard Peters: In seinem Rücken hängen Bilder, die an seine großen Erfolge erinnern. Da jubeln im Büro im Trainingszentrum des Fußball-Zweitligaclubs TSG 1899 Hoffenheim die vier Hockeymannschaften, mit denen Peters in seinen sechs Jahren als Hockey-Bundestrainer zwischen 2000 und 2006 zwei Welt- und einen Europameistertitel sowie eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2004 gewonnen hatte. "Durch die Titel im Hockey habe ich mir Respekt erarbeitet", sagt der 47 Jahre alte Direktor Nachwuchs- und Leistungsförderung. "Ich lebe aber nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart und Zukunft, weil ich immer weiterlernen und Ziele erreichen will."

Deshalb hängen in Peters Blickfeld vier Collagen, die der täglichen Motivation dienen sollen. Peters Frau Britta hat sie für ihren Mann gebastelt, auf jedem der kleinen, gerahmten Kunstwerke stehen Weisheiten wie "Failure waits for all who stay with some success made yesterday". Der englische Reim passt zur Situation von Peters. Er hätte im Hockey bequem weiterarbeiten können. Stattdessen wagte Peters aber nach der Hockey-WM 2006 in Mönchengladbach den Sportartwechsel. Seit gut einem Jahr arbeitet er nun für die TSG 1899 Hoffenheim, wo er sein Wissen um Talentsichtung und Leistungsdiagnostik für den Fußball nutzbar machen soll.

Schon viele Monate vor dem Angebot aus Baden geriet der gebürtige Westfale in den Fokus der Fußballjournalisten, weil Bundestrainer Jürgen Klinsmann den Hockeyfachmann aus dem Hut zauberte und vergeblich als Kandidat für den Posten des Sportdirektors beim DFB ins Gespräch brachte. Statt beim DFB landete Peters in Hoffenheim. "Bei anderen Vereinen oder Verbänden gäbe es sicher Vorbehalte", sagt Peters. "Ich habe den Eindruck, dass sich viele gar nicht mit neuen Ideen auseinandersetzen wollen und lieber über unsachliche Attacken in den Medien ihre Pfründen schützen." So ist es Peters damals widerfahren, als sich DFB-Funktionäre verächtlich über "Klinsmanns Hockeytrainer" äußerten.

In Hoffenheim scheint nun alles anders. Dort erleichtern die Millionen von Mäzen Dietmar Hopp sicher die Arbeit, aber offenkundig ist vor allem die Geisteshaltung so, dass der grenzenlos ehrgeizige Peters Befriedigung findet - obwohl er auf die Adrenalinschübe beim Coaching eines Teams verzichten muss. "Ich stille meinen Ehrgeiz heute anders als noch als Hockeytrainer", sagt Peters. "Jetzt arbeite ich an dem Zusammenspiel der vielen Leistungskomponenten und coache die Trainer. Damit bin ich sehr glücklich." Peters ist das Bindeglied zwischen der Gegenwart und der Zukunft des Clubs. Bei den Spielen des Profiteams ist er stets als Beobachter auf der Tribüne dabei und gehört zum Beraterkreis von Trainer Rangnick, der Peters "anderen Blick" auf den Fußball schätzt. "Hockey und Fußball haben einige Gemeinsamkeiten wie Spielfeldgröße oder Spielerzahl", sagt Rangnick. "Deshalb kann Bernhard Peters eine ganze Menge Anregungen vor allem fürs Offensivspiel geben."

Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Ausbildung der Talente. Und auch hier begegnet Peters wieder Vorbehalten aus allen Richtungen. Gerne spottet die Konkurrenz im Kampf um die besten Talente, dass der Hopp-Club viel von Jugendarbeit rede, aber stattdessen vor der Saison mal eben für 20 Millionen Spieler aus Brasilien importiere und für die U17 oder U19 in ganz Süddeutschland Talente mit vielen Geldscheinen locke. Peters hört sich die Vorwürfe in aller Seelenruhe an und sagt dann, dass alles ganz anders sei.

"Unser Anspruch ist: Wenn einer bei uns aus der U19 oder der U23 nicht den Sprung zu den Profis schafft, dann muss er trotzdem sagen: Die Zeit in Hoffenheim hat mir was fürs Leben gegeben", so Peters. "Das überzeugt die Eltern, obwohl wir finanziell definitiv weniger bieten als mancher Bundesligaclub." Stattdessen kümmern sich Sportpsychologen und Ausbildungsexperten neben den Fußballtrainern um die Nachwuchsspieler und deren Probleme mit Schule oder Privatleben. "Nur wenn wir wirklich Interesse entwickeln für die persönlichen Belange von Spielern, erreichen wir Topleistungen. Mit Druck, Macht und Geld kommt man an die letzten zehn Prozent nie heran", sagt Peters. "Das ist aber auch nicht völlig neu im Fußball, sondern auch das Erfolgsrezept eines Otto Rehhagel." Das klingt dann schon recht versöhnlich, wenn der vermeintliche Revolutionär aus dem Hockey den konservativen Alttrainer als Seelenverwandten nennt.

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