Der Zahlenfriseur

Es geht um Kreditbetrug, im ganz großen Stil. Und doch ist das erst der Anfang: die Ermittlungen gegen den einstigen Bremer Publikumsliebling, Vorzeige-Unternehmer, Wohltäter und Werder-Ecken-Sponsor Niels Stolberg.

Konkret wird ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, zwischen 2006 und 2010 die Banken belogen zu haben, als es um Kredite zur Finanzierung von Schiffsneubauten ging. Bei 20 Schiffen soll Stolberg die Investitionskosten zu hoch angegeben haben – um 93,3 Millionen Euro. Wird er dafür verurteilt, drohen drei Jahre Gefängnis.

Oder eine Geldstrafe. Wobei unklar ist, ob er die überhaupt bezahlen könnte: Der 52-Jährige musste 2011 nicht nur für seine Beluga Shipping GmbH Insolvenz anmelden, die einst zu den weltgrößten Schwergutreedereien zählte, sondern auch ganz privat. Die Forderung aller Gläubiger sollen sich auf 2,2 Milliarden Euro belaufen, zuletzt fiel sein Prestige-Objekt, das „Künstlerhaus“ auf Spiekeroog der Zwangsversteigerung anheim.

Das Landgericht Bremen muss jetzt entscheiden, ob es zum Prozess gegen Stolberg kommt. Der wiederum will sich zu den aktuellen Vorwürfen nicht äußern. Sein Sprecher schließt aber aus, dass Stolberg „sich in irgendeiner Form persönlich bereichert hat“.

Zugegeben hat er, seine Unternehmenszahlen frisiert zu haben, derzeit laufen deswegen Ermittlungen gegen 21 frühere Beluga-Verantwortliche, unter anderem wegen Bilanzfälschung und Veruntreuung von Spenden, zwei Staatsanwälte und eine Ermittlungsgruppe der Polizei arbeiten an dem Fall. Zehn Terabyte kamen schon zusammen.

Die Reederei, die Kapitän Stolberg 2006 den Titel „Unternehmer des Jahres“ einbrachte, ist lange abgewickelt. Zu einem kleinen Teil lebt sie in der Hamburger Firma Hansa Heavy Lift fort. Die meisten MitarbeiterInnen verloren aber den Job. Und Stolberg, in Brake geboren, in Brunsbüttel aufgewachsen, in Bremen groß geworden, ist wieder in die Provinz gegangen: Er lebt in Bad Zwischenahn.  MNZ