Vor nächstem Wahlkampf in Italien: Berlusconi befreit sich selbst

Ein Gericht musste Ex-Ministerpräsident Berlusconi freisprechen. Denn aufgrund eines Gesetzes, das er selbst durchgesetzt hatte, ist Bilanzfälschung in Italien kein Verbrechen mehr.

Geht mit weißer Weste in den nächsten Wahlkampf: Oppositionsführer Silvio Berlusconi Bild: ap

ROM taz "Freigesprochen, weil die Taten kein Verbrechen mehr darstellen." Kurz und bündig begründete das Gericht in Mailand am Mittwoch, weshalb der Angeklagte Silvio Berlusconi auch den nächsten Wahlkampf mit weißer Weste wird eröffnen können. Zwar hat er Bilanzen gefälscht - aber das ist in Italien halt "kein Verbrechen mehr".

Berlusconi musste sich vor Gericht verantworten, weil er im Zusammenhang mit einer Übernahmeschlacht um den staatlichen Lebensmittelkonzern SME auch mit Schwarzgeldern hantiert haben soll. Pikant an der Auseinandersetzung, die vor gut 20 Jahren stattfand: Einer der Gegenspieler Berlusconis war seinerzeit Romano Prodi, damals Chef der großen Staatsholding IRI, die die SME an einen Berlusconi nicht genehmen Bieter verkaufen wollte.

Doch das ist Schnee von vorgestern. Ehe der Unternehmer Berlusconi sich nämlich diesem Prozess - und zwölf weiteren Verfahren - stellen musste, hatte der Politiker Berlusconi schon die Weichen in die richtige Richtung gestellt. "Kein Verbrechen mehr": Hinter diesen drei Worten verbirgt sich eines jener maßgeschneiderten Gesetze, dass der von den Staatsanwälten Drangsalierte in seiner Regierungszeit 2001 bis 2006 verabschieden ließ. Bilanzfälschung wurde von einem Verbrechen zu einem Bußgeldtatbestand heruntergestuft. Das Gesetz leistete mit dem jetzt verkündeten Freispruch den gewünschten Dienst.

Berlusconis Vorstrafenregister bleibt damit sauber, auch wenn er in gleich sechs anderen Prozessen nur wegen Verjährung der Straftat freigesprochen wurde. Noch aber hat er keine Ruhe: Zwei weitere Prozesse laufen noch in Mailand. In dem einen ist er wiederum wegen der Bildung schwarzer Kassen und Steuerhinterziehung angeklagt; seine Fernsehholding Mediaset soll beim Ankauf von US-Filmen an von ihr selbst kontrollierte Zwischenhändler überhöhte Rechnungen bezahlt haben, um einen Teil der Gelder dann auf ausländische Schwarzgeldkonten zu überführen. In dem anderen Verfahren geht es wieder einmal um Bestechung: Berlusconi soll den britischen Anwalt David Mills mit 600.000 Dollar geschmiert haben. Der Advokat hatte als Berater eine zentrale Rolle beim Aufbau des von Mediaset kontrollierten internationalen Firmennetzes gespielt, das jene Scheingeschäfte abwickelte. Doch Mills bestritt zunächst jeden Zusammenhang zwischen diesen Firmen und dem Berlusconi-Imperium. Die Mailänder Staatsanwaltschaft glaubt nachweisen zu können, dass Mills' Aussagen durch großzügige Zuwendungen Berlusconis an den Zeugen gesteuert wurden.

Doch um diese Verfahren gegen den Unternehmer B. kann sich wohl bald schon wieder der Politiker Berlusconi als amtierender Ministerpräsident kümmern. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass das Land schnelle Neuwahlen erleben wird: Auch die christdemokratische UDC - die einzige Oppositionspartei, die sich bisher dem Vorschlag einer lagerübergreifenden Übergangsregierung gegenüber offen gezeigt hatte - vollzog einen Schwenk und fordert nun sofortige Wahlen.

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