LEIBESÜBUNGEN II: Frische Euro für Lichtenbergs Rohdiamanten

Eine Charlottenburger Telekommunikationsfirma unterstützt den einstigen DDR-Oberligisten Lichtenberg 47 - mit Geld für den Verein und Jobs für die Spieler.

Welcher Fußballklub sehnt sich nicht nach einem starken "strategischen Partner", an dessen Schulter man sich längerfristig anlehnen kann? Nach einem Konzern wie Adidas, der 2002 für angeblich 77 Millionen Euro beim Branchenriesen Bayern München einstieg, um Freud und Leid, vor allem aber das Profit bringende Winner-Image mit dem deutschen Rekordmeister zu teilen.

Auch Berlins Bundesligist Hertha BSC soll fieberhaft nach einem solch potenten Weggefährten suchen. Fündig wurde nun zunächst jedoch ein Amateurverein. Lichtenberg 47 fand einen potenten Geldgeber - und das auch noch ganz in der Nähe von Herthas heimischer Spielstätte, dem Olympiastadion.

Die Telekommunikationsfirma dis4com (distribution for communication) mit Sitz in einer schmucken Villa an der Heerstraße steigt für zwei Jahre beim in die Verbandsliga abgestürzten früheren DDR-Oberligisten ein - mit der Option auf eine Vertragsverlängerung. "Das ist schon ein ganz großer Wurf für uns", frohlockt Veit Hermans, Vizepräsident von Lichtenberg 47. "Wir sind damit in der Position, vernünftig arbeiten zu können", sagt ein erleichterter Werner "Pico" Voigt, Trainer der ersten Mannschaft aus dem Hans-Zoschke-Stadion.

"Wir hatten eine schwierige Zeit zu überstehen", erzählt Vize Hermans. 2005 stieg L47 aus der Oberliga ab. Eine Klasse tiefer sank die Zahl der Mitglieder vorübergehend auf unter 1.000, auch Gönner sprangen ab. Der Hauptsponsor drosselte die Geldzufuhr, bis die Quelle vollends versiegte. Die Zusammenarbeit sei zu sehr auf den Tabellenstand fixiert gewesen, erzählt Hermans. Dass die Zentrale des börsennotierten Unternehmens nicht in der Hauptstadt residiert, habe die Zusammenarbeit nicht gerade erleichtert.

Der neue Partner dis4com sitzt in Charlottenburg. Dessen Marketingdirektor, Thomas Gansert, beteuert, das Engagement in Lichtenberg sei nicht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Liga ausgerichtet. Vielmehr sieht er seine 2007 gegründete Firma als Sozialpartner: "Wir sind selber so aufgestellt, dass wir auf soziale Dinge großen Wert legen." Unter seinen Arbeitnehmern, berichtet der Chef, seien auch Leute, die auf dem traditionellen Bildungsweg nicht reüssierten. "Ungeschliffene Diamanten" nennt sie Gansert. Ob er dazu auch Lichtenberger Spieler zählt, die dis4com eingestellt hat, sagt er nicht. Jedenfalls sind die Jobs in der Kommunikationsbranche ein gewichtiges Pfund, mit dem ein Verein auf Spielersuche wuchern kann.

L47-Vizepräsident Hermans ist froh über den Kooperationsvertrag, der den sechsstelligen Etat des Mehrspartenvereins mit inzwischen wieder 1.400 Mitglieder zu decken hilft. Ein Gutteil geht in die Jugendarbeit, für die der Club bekannt ist. "Wir haben uns für den richtigen Verein entschieden", betont Gansert.

L47-Funktionär Hermans hofft nun auch auf sportlichen Erfolg. Denn irgendwie wäre es peinlich, wenn seine Fußballer gerade jetzt, mit dem strategischen Partner im Rücken, vom Aufstiegskurs in die Oberliga abkämen.

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