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Die Fahrgastverbände fordern mehr Regionalzüge – und das nicht nur bei der Fußball-WM 2006 in Deutschland. Die NRW-Landesregierung aber wartet weiter auf den Rhein-Ruhr-Express

VON KLAUS JANSEN

Die nordrhein-westfälischen Fahrgastverbände springen auf den WM-Zug auf. Sie fordern, dass der angekündigte Ausbau des Schienennahverkehrs zur Fußball-Weltmeisterschaft nicht nach Ende des Turniers wieder zurückgenommen wird.

„Auch nach der WM sollten Regionalzüge in einem dichteren Takt fahren“, fordert Werner Simon, Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in NRW. Sein Kollege Oliver Stieglitz, Vorsitzender des Fahrgastverbands pro Bahn, hält auf der wichtigsten Regionalexpress-Linie zwischen Köln und Dortmund einen 20-Minuten Takt für technisch machbar und wünschenswert. „Dafür muss man keine neue Infrastruktur bauen“, sagt er. Und auch der Verkehrsexperte Werner Reh vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert die Landesregierung dazu auf, die für die WM geplanten Sonderzüge auch nach dem Abpfiff der Finales weiterfahren zu lassen. „Es ist der Sinn eines solchen Großevents, in Dinge zu investieren, von denen die Bevölkerung etwas hat. Alles andere ist eine Showinszenierung.“

Das NRW-Verkehrsministerium hatte am Anfang der Woche auf der Messe „railtec“ in Dortmund ein fünf Millionen Euro teures Nahverkehrskonzept für die Zeit der WM vorgelegt. Zwei stündliche Bahnlinien sollen die Spielorte miteinander verbinden: Die WM-Linie 1 soll von Dortmund über Gelsenkirchen nach Köln fahren, die WM-Linie 2 steuert Köln von Hamm über Dortmund, Essen und Düsseldorf an – und ist damit identisch mit dem Verlauf des jetzt schon existierenden NRW-Express.

Bislang hatten Landespolitiker über Parteigrenzen hinweg eine dichtere Taktfolge auf den bestehenden Strecken als unmöglich bezeichnet: Schon jetzt folgten zu viel Züge in zu geringen Abständen aufeinander, hieß es. Die Fahrgastverbände halten dieses Argument für widerlegt. „Die WM ist ein idealer Testfall. Da kann man zeigen, dass eine dichtere Taktfolge möglich ist“, sagt Pro Bahn-Chef Stieglitz.

NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) will jedoch nach der WM keine zusätzlichen Züge mehr einsetzen. „Die WM ist einmalig, und es geht darum, als Land dann gut da zu stehen“, sagte sein Sprecher Bernd Löchter auf taz-Anfrage. Die Landesregierung setzt statt dessen weiter darauf, dass eine komplett neue Strecke für den so genannten Rhein-Ruhr-Express gebaut wird – obwohl sie mit der Bundesregierung seit Jahren erfolglos über die Finanzierung streitet.

Auch die Fahrgastverbände wünschen sich, dass der Rhein-Ruhr-Express kommt. Allerdings könne man bis dahin nicht einfach abwarten, kritisiert VCD-Mann Simon: „Geld ist da. Man darf es eben nur nicht alles für Autobahnen ausgeben.“ Den jetzigen Zustand hält er für untragbar: „Es kann nicht sein, dass Pendler schon früh morgens den Regenschirm ihres Nachbarn im Auge haben.“