: 840 Kilometer in 24 Stunden
Im Südbad rutschen seit gestern zehn Bade-meister ununterbrochen. Ihr Ziel: der Weltrekord
Wie kamen Sie auf die Idee, den Weltrekord im Dauerrutschen brechen zu wollen?
Jochen Ralle, Bademeister: Wir bekommen monatlich eine Fachzeitschrift für das Bäderwesen. In der Ausgabe vom März 2005 war ein ausführlicher Artikel über zehn Marburger Sportstudenten, die im Januar dieses Jahres einen Weltrekord im Dauerrutschen aufgestellt haben. Der Bericht hat mich gefesselt und zwei Nächte nicht in Ruhe gelassen. Anschließend habe ich neun Leute zusammen getrommelt – und dann sind wir ins Training gegangen.
Wie haben Sie denn trainiert?
Wir sind einmal in der Woche zwischen zwei und zwölf Stunden gerutscht. Zusätzlich haben wir fünfmal in der Woche ein Lauftraining absolviert und waren einmal wöchentlich im Fitnessstudio. Seit Anfang Juni sind wir voll im Training.
Wie soll der Weltrekord-Versuch konkret ablaufen?
Es ist wichtig, dass alle sechs Sekunden ein Bademeister in die Rutsche geht. Alle zwei Stunden machen wir eine kurze Pause von 20 Minuten, dazu gibt es drei große Pausen von 40 Minuten.
Aber für Schlaf ist keine Zeit?
Nein.
Wie sieht es mit Betreuungspersonal aus?
Wir sind durch vier Ärzte abgesichert, wir haben vier Physiotherapeuten und vier Masseure engagiert. Insgesamt gibt es rund 30 Helfer, die uns über die 24 Stunden hinweg begleiten. Ohne die würde es nicht gehen.
Was tun Sie gegen den brennenden Hintern?
Da haben wir gegenüber den Marburgern einen Vorteil. Die Marburger haben eine Kunststoffrutsche, die extrem langsam ist und ziemlich viel Hautabrieb zur Folge hat. Wir haben eine 74 Meter lange Edelstahlrutsche. Dort ist das Wasser so eingestellt, dass wir gleiten. Wir sitzen also nicht permanent auf dem Hintern. Wir legen uns auch mal in die Rutsche, so dass wir den Hautabrieb gar nicht so merken. Allerdings ist der Badehosenabrieb sehr groß. Aber mit fünf Badehosen pro Person werden wir wohl hinkommen. Dazu tragen wir Handschuhe. Und das Wasser haben wir auf eine angenehme Temperatur von 30 Grad gebracht, so dass wir da keine Schwierigkeiten haben.
Was findet um den Weltrekord-Versuch im Südbad herum noch statt?
Wir haben ein großes Rahmenprogramm organisiert, denn ohne Krach in der Halle läuft es schlecht. Nach dem Beginn gestern Abend um 21 Uhr gab es eine lange Schwimmnacht. Am Samstag ist von acht bis zwölf Uhr ein Frühschoppen angesetzt, anschließend kommt der Kindernachmittag. Dazu haben wir einen DJ, der das alles moderiert. Ab 19 Uhr wird dann die Zeit heruntergezählt.
Nimmt man bei dem vielen Rutschen auch ab?
Das ist das Problem, mit dem wir gekämpft haben. Beim 12-Stunden-Rutschen vor vier Wochen habe ich drei Kilo abgenommen. Dem müssen wir natürlich entgegenwirken. Wir haben Ernährungsspezialisten, die uns beraten haben. Unsere Helfer sind voll dabei, uns jeden Wunsch zu erfüllen.
Können sie Rutschen überhaupt noch sehen?
Danach wohl nicht mehr. Aber jetzt wollen wir die 840 Kilometer erreichen. Wenn wir die Chance haben, mehr zu rutschen, dann tun wir das auch.
Interview: Jan Zier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen