Öko-Siegel: Umweltengel sieht mit 30 Jahren alt aus

Das Umweltzeichen macht schlapp. Nun soll es eine Werbeoffensive geben - in Supermärkten und Discountern.

Zuverlässige Hilfe für den ökologisch korrekten Einkauf: der Blaue Engel. Bild: dpa

BERLIN taz Dreißig Jahre hat der "Blaue Engel" jetzt auf dem beflügelten Buckel. Das Label ziert, was besonders ökologisch ist - schadstoffarme Lacke, Recyclingpapier oder Wechselkopfzahnbürsten. Am Dienstag gratulierten Verbraucherschützer und Umweltpolitiker. Als "das ökologische Leuchtturmprojekt" feiert etwa Astrid Klug, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, das "älteste Umweltzeichen der Welt". Doch der Erfolg hat seine Grenzen.

Das Label soll Verbrauchern bei der Auswahl besonders umweltschonender und gesundheitsfreundlicher Produkte und Dienstleistungen helfen. Inzwischen tragen 10.000 Produkte und Dienstleistungen den Blauen Engel. Das Gütesiegel hebt die wichtigste Eigenschaft des jeweiligen Produkts hervor. Bei Möbeln ist das zum Beispiel "emissionsarm". Rund 80 Prozent der deutschen Bevölkerung kennen das Logo.

Doch das Umweltzeichen ist längst nicht mehr so begehrt wie noch in den 80er-Jahren. Ein Blauer Engel für Handys, die strahlungsarm sind? Das boykottieren die Hersteller. Sie wollen nicht, dass die Geräte, die das Label nicht bekommen können, in Verruf geraten. So lehnen sie das Zeichen lieber grundsätzlich ab, als die Besten zu bewerben. Staatssekretärin Klug erklärt das so: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus."

Oder sind die Kriterien nur zu rigide? Das Umweltbundesamt entwickelt die Anforderungen für das Zeichen. Präsident Andreas Troge hält die Kriterien für richtig. Er meint, die Glaubwürdigkeit des Zeichens dürfe nicht der Masse geopfert werden. Mit dem Blauen Engel würden nur die 20 bis 30 Prozent der Besten einer Produktlinie ausgezeichnet. Die Unternehmen könnten mit dem Gütesiegel ihre soziale Verantwortung für Mensch und Umwelt dokumentieren und auch dafür werben.

Doch mittlerweile hat das Umweltzeichen viele Konkurrenten bekommen - etwa das FSC-Siegel für Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft oder das Öko-Tex-Siegel für Klamotten, die schonend gefärbt sind. Es sei eine Verschwendung von Ressourcen, wenn immer wieder neue Siegel erfunden würden, kritisiert Edda Müller. Bis vor kurzem war sie die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Noch immer sitzt sie in der Jury Umweltzeichen, die für die Vergabe des Blauen Engels zuständig ist. Sie sagt: "Innerhalb der Bundesregierung muss durch eine verbesserte Koordination die Tendenz zur Kreation neuer Label, die zur Verwirrung der Verbraucher beitragen, gestoppt werden." Müller ist freilich nicht unabhängig in der Sache. Sie hat das Umweltzeichen einst in Deutschland entwickelt.

Doch Barbara Nusser von der Verbraucherinitiative - einer Konkurrenz zu den Verbraucherzentralen und nicht am Blauen Engel beteiligt - sagt auch: "Der Blaue Engel ist eine zuverlässige Einkaufshilfe." Der Blaue Engel gilt als neutral.

Müller rief alle Verbraucher auf, noch stärker als bisher auf das blaue Siegel mit dem stilisierten Engel zu achten. Außerdem soll es eine neue Werbekampagne geben - in Kooperation mit großen Handelsketten. In Supermärkten, Discountern und Baumärkten sollen Blaue-Engel-Produkte noch in diesem Jahr angepriesen werden. Die Namen der Ketten sind aber noch geheim.

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