Kommentar Türkische Soldaten im Nordirak: Desaster im Anmarsch

Militärisch kann die Türkei nur wenig gewinnen im Norden des Iraks. Mit dem Einmarsch der türkischen Soldaten geht die Türkei sogar ein hohes politisches Risiko ein.

Ist der gestern erfolgte Einmarsch von 10.000 türkischen Soldaten im Nordirak der seit Monaten befürchtete große Militärschlag gegen die PKK? Die Erklärungen von offizieller türkischer Seite deuten darauf hin. Doch die relevanten Rückzugsgebiete der Guerilla liegen viel zu weit von der türkisch-irakischen Grenze entfernt, als dass sie jetzt, mitten im Winter angesichts tief verschneiter Berge, durch die Bodentruppen erreicht werden könnten. Deshalb hatte die türkische Luftwaffe die PKK-Camps ja schon mehrfach bombardiert, angeblich mit großem Erfolg dank der präzisen Angaben des US-Geheimdienstes.

Militärisch dürfte mit der Grenzüberschreitung deshalb wenig zu erreichen sein. Politisch geht die Türkei dagegen ein hohes Risiko ein. Die US-Regierung zeigt sich wenig begeistert; anscheinend hat man zuvor vergeblich versucht, die Türkei davon abzuhalten. Auch die EU ist bestürzt. Man hatte gehofft, dass die türkische Regierung es bei den bisherigen Drohgebärden belassen würde und weiter auf diplomatischem Weg in Zusammenarbeit mit den nordirakischen Kurden versucht, die Aktivitäten der PKK einzudämmen. Kommt es bei der jetzt eingeleiteten Bodenoffensive zu zivilen Opfern oder gar zu einem Zusammenstoß mit den Milizen der nordirakischen Kurden, kann das zu einem politischen Desaster werden. Warum also das Risiko?

Darauf gibt es zwei mögliche Antworten. Einmal könnte es darum gehen, durch die erneute Machtdemonstration die nordirakischen Kurden und speziell Massoud Barsani zu einer engeren Kooperation gegen die PKK zu zwingen. Bislang scheitert das aber auch daran, dass die türkische Regierung sich nach wie vor weigert, direkt mit Barsani zu sprechen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, sie würde die kurdische Autonomieregierung anerkennen. Zweitens könnte eine innenpolitische Komponente dazukommen. Der Streit um die Freigabe des Kopftuches hat die Atmosphäre zwischen Regierung und Militärführung erneut schwer vergiftet. Aktionen gegen den gemeinsamen Feind können da zur Entlastung beitragen.

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