Kommentar Ahmadinedschads Irakbesuch: Wahlkampf jenseits der Grenzen

Innenpolitisch hat Ahmadinedschad versagt. Deshalb braucht er Staatsbesuche, wie den im Irak, um seine Position zu festigen. Dieses Konzept könnte aufgehen.

Von der Propagandamaschine seines Regimes wird der Besuch des iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad im Irak als "historisch" bezeichnet. Die staatstreuen Medien rühmen den Präsidenten als den mächtigsten Staatsmann der Region. Sei es in Palästina oder im Libanon, in Afghanistan oder eben im Irak - Ahmadinedschad wird im Iran als der eigentliche Gegenspieler der amerikanischen und israelischen Aggressoren gefeiert.

Ob diese mediale Rolle zutrifft oder nicht, sie bietet jedenfalls den einzigen Ausweg zu seinem Machterhalt. Denn innenpolitisch hat Ahmadinedschad versagt. Bei seinem Amtsantritt hatte er sich als Retter der verarmten Massen, der "Barfüßigen und Habenichtse" angekündigt, doch tatsächlich hat er sein Land in eine katastrophale Wirtschaftskrise geführt - trotz des enormen Anstiegs der Ölpreise. Die zunehmende Repression, die Wiedereinführung der Steinigungen, die massenhaften Hinrichtung und Verhaftungen und nicht zuletzt die Militarisierung des gesamten Staatsapparats haben die Begeisterung für sein Regime schwinden lassen. Selbst in den eigenen Reihen wird die Kritik immer lauter. Von diesen innenpolitischen Problemen versucht Ahmadinedschad nun durch die Außenpolitik abzulenken. "Iran ist heute die Macht Nummer eins in der Welt", sagte er letzte Woche vor einer Versammlung der Angehörigen der Opfer des iranisch-irakischen Kriegs. "Heute wird die Botschaft eurer Revolution in Lateinamerika, in Ostasien, im Herzen Europas und sogar in den USA vernommen."

Der Populist Ahmadinedschad ist ein Mann der Inszenierung. Während Präsident Bush seinen Besuch in Bagdad bis zur letzten Minute geheim halten musste und es trotz der Präsenz zehntausender US-Soldaten nicht wagte, länger als einen Tag zu bleiben, hat Ahmadinedschad seinen Besuch schon vor Wochen angekündigt. Und er wird nicht nur in Bagdad verweilen, sondern auch in die heiligen Städte Nadschaf und Kerbela reisen, wo er von hunderttausenden Schiiten mit großer Begeisterung empfangen wird. Bei diesem Spektakel wird er den Abzug der Besatzungsmächte fordern und an die islamischen Völker appellieren, eine solidarische Front zu bilden. Er wird demonstrieren, dass alle Bemühungen der USA gescheitert seien, die Sunniten gegen die Schiiten aufzuwiegeln. Und er wird der Welt zeigen, dass die Islamische Republik längst zu einer regionalen Großmacht aufgestiegen ist, der man mit Sanktionen nichts anhaben kann. In zwei Wochen sind im Iran Parlamentswahlen. Wenn der Wahlkampf im eigenen Land Ahmadinedschad keinen Erfolg bringt, dann vielleicht der in Bagdad, Kerbela und Nadschaf.

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