Cebit startet: Die Zeit der Tütenträger ist vorbei
Ab Dienstag ist auf der weltgrößten Computermesse in Hannover der neueste Stand der Computertechnik zu sehen. Schon wieder sinkt die Zahl der Aussteller.
5.845 Aussteller aus 77 Ländern stellen diesmal in Hannover aus. Das sind knapp 300 Aussteller weniger als im Vorjahr. Auch die Standfläche schrumpft 2008 um gut 40.000 Quadratmeter. Doch die Cebit wäre nicht die globale Computer-Leitmesse, wenn sie sich dem Wandel der Zeit nicht anpassen würde. Und dazu gehört, dass sich die Ära der Riesenstände und glitzernden Präsentationen ihrem Ende zuneigt. Professioneller Austausch statt Show lautet das Motto. Beim "Meet & Greet" der Schlipsträger auf der weltgrößten Computermesse dürfte der übliche Werbetüten- und Prospektschlepper zum Außenseiter werden.
"Standpaläste wollen die Aussteller heute nicht mehr", sagte Messe-Vorstand Ernst Raue. Der Trend zeichnete sich schon in den vergangenen Jahren ab, als wichtige Handykonzerne wie Nokia und Motorola ihre Teilnahme absagten. Sie fühlen sich auf speziellen Mobilfunk-Messen wie dem 3GSM World Congress in Barcelona wohler und bleiben auch diesmal dem Gemischtwarenladen Cebit fern.
Hier lautet einer der wichtigsten Trends in diesem Jahr "Green-IT". Der Energie- und Ressourcenverbrauch der IT-Industrie wurde schon auf der Cebit 2007 vor dem Hintergrund des Klimawandels zaghaft diskutiert. Ein Jahr später springen die Marketingabteilungen nun richtig auf den Zug auf und präsentieren ihre Unternehmen als "Innovationsmotor in Sachen Energieeffizienz und Klimaschutz". Vorzeigeobjekte für umweltbewusste IT sind etwa "grüne" Rechenzentren, die mit besonders stromsparenden Servern ausgerüstet sind und ihre Energie vom Ökostromanbieter beziehen. Den Wandel markiert aber auch der Billig-Laptop "One Laptop Per Child" für Kinder in Entwicklungsländern des Massachusetts Institute of Technology. Er wird mittels Solarzellen oder mit Hilfe eines handbetriebenen Dynamos mit Strom versorgt.
Einen spürbaren Boom gibt es auch bei mobilen Geräten, die von Haus aus weniger Energie verbrauchen als Schreibtisch-Computer. Gleichzeitig müssen Anwender der so genannten Smartphones kaum auf Komfort verzichten, denn dank neuer Chips sind die Multimedia-Fähigkeiten der mobilen Geräte mit denen eines Heim-PC vergleichbar. Navigationssysteme und schnelle mobile Internet-Zugänge gehören oft schon zur Standardausstattung der neuen Handys. Letzteres dürfte auf der Messe seinen endgültigen Durchbruch feiern, denn inzwischen kann man auch mobil fast mit der vom Festnetz gewohnten DSL-Geschwindigkeit surfen.
Der Cebit-Veranstalter Deutsche Messe AG hofft auch auf sein neues Gesamtkonzept, das der Cebit "neuen Schwung" verleihen soll. Private Anwender spielen hier nur noch eine Nebenrolle. Lediglich der Messeschwerpunkt "Lösungen für Heim- und Mobilanwender" richtet sich an sie. Zwei weitere Schwerpunkte präsentieren "geschäftliche Lösungen" und "Lösungen für den öffentlichen Sektor". Auch an guten Nachrichten für den Hightech-Standort Deutschland mangelt es auf der Cebit nicht. Während die Gewerkschaft Ver.di ihren Warnstreik im Nahverkehr extra messefreundlich legt, will sich die deutsche IT-Branche nicht vom um sich greifenden Konjunkturpessimismus anstecken lassen. Der Branchenverband Bitkom erwartet für das laufende Jahr ein Umsatzwachstum von 1,6 Prozent auf 145 Milliarden Euro. Im Jahr 2007 schnitt die Branche deutlich besser ab als erwartet. Statt der prognostizierten 1,3 Prozent schaffte sie ein Wachstum von 2,0 Prozent.
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