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Kolumne MärchenSein Name war Wronsky

Bullets over Vienna: Wie es sich anfühlt, ein kleines Vermögen zu verzocken (Teil III).

taz

Corinna Stegemann ist Wahrheits-Redakteurin der taz.

Was bisher geschah: Eine Studentin namens Corinna S. nimmt die Einladung eines Wiener Unterweltbarons namens Wronsky an und reist mit ihm nach Las Vegas. Während eines mehrtägigen Ausfluges zum Hunderennen nach Corpus Christi wird der zwielichtige Geselle plötzlich seltsam und Corinna S. wird es mulmig zumute.

Schweigsam und grimmigen Blickes steuerte Wronsky das rote Cabriolet über den ausgestorbenen Highway einer ungewissen Zukunft entgegen. Für Corinna S. wurde es immer wahrscheinlicher, dass sie bei nächstbester Gelegenheit an eine finstere Bande grobschlächtiger Organhändler verkauft werden sollte - eine Vorstellung, die ihr nur so mittel gefiel. Sich während der Fahrt aus dem Auto zu werfen und in die Wüste zu rennen, erschien dem immer ängstlicher werdenden Häufchen Elend wenig sinnvoll. Am Abend würde sie verschachert werden, so viel war sicher

Schon dämmerte es rötlich am Horizont und Corinna S. hörte ihr letztes Stündlein schlagen, als Wronsky plötzlich, mit einem Schlage in blendendste Stimmung verfallen, verkündete, er habe die letzten Tage schlechte Laune gehabt, das habe sie, Corinna S., sicher bemerkt. Er habe nämlich seine schöne Sonnenbrille verloren. Aber nun habe er den Verlust verwunden, man könne sein Herz nicht ewig an materiellen Tand hängen, es gebe Wichtigeres im Leben, man lebe doch wahrscheinlich nur einmal Es folgte eine Stunde tiefschürfender philosophischer Betrachtungen, die damit endeten, dass Wronsky seine Absicht bekundete, am kommenden Tag in Corpus Christi 4.000 Dollar auf einen Hund namens Misfits zu setzen. Und endlich war der große Tag da. Die Luft auf der Tribüne der Hunderennbahn flirrte und vibrierte vor Spannung. Corinna S. ließ sich anstecken von der fiebrigen Erregung, die von Wronsky Besitz ergriffen hatte. Misfits lief im fünften Rennen und trug die Startnummer 3. Der künstliche Hase sauste davon, die Startboxen sprangen auf und die Hunde flogen los. Misfits an vierter Stelle. "Das ist ein gutes Zeichen", belehrte Wronsky, der nervös seinen Wettschein knetete, Corinna S. und bestätigte sich abermals: "Das ist ein gutes Zeichen " Aber schon in der ersten Kurve geschah das Debakel: Der Köter mit der Startnummer 7 legte sich aufs Maul, die 5 stolperte über ihn und riss Misfits mit sich zu Boden, während die 2 den Sieg errang.

Nun war es an Corinna S., nervös zu werden. Wie, dachte sie so bei sich, wie würde sich der Verlust von 4.000 Dollar auf des Unterweltbarons Stimmung auswirken, wenn schon eine verlorene Sonnenbrille dem Mann, dem sie sich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert hatte, so gründlich die Laune versauen konnte? Würde er am Ende, um seinen Schaden wieder wettzumachen, doch noch auf die Idee mit der Organmafia kommen? Doch Wronsky schnippte mit einem sorglosen "Pffffff!" den zerknüllten Wettschein vom Tisch und orderte teure Cocktails.

Die Rückreise verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, wenn man davon absieht, dass die beiden Gefährten eine Nacht in der runtergekommenen Zelle eines abgelegenen Sheriff-Büros verbringen mussten, weil sich Wronsky mit den Ordnungshütern nicht über die Frage einigen konnte, ob man barfuß Autofahren dürfe oder nicht

Aber wie ging es nun mit der Theaterkarriere der Corinna S. weiter, um derentwillen die Studentin ja nach Wien aufgebrochen war? Nun, das ist schnell erzählt: Zurück in Wien machte sich der Unterweltbaron daran, jenen Chefdramaturgen des Volkstheaters, der ihm noch einen Gefallen schuldete, an eben diese Tatsache freundlich zu erinnern. Corinna S. wurde auch tatsächlich zu einer Unterredung mit dem Theatermann gebeten, bei der ihr schnell klar wurde, dass sie unter den gegebenen Voraussetzungen nicht viel Freude bzw. Freunde am Volkstheater haben würde, und sie nahm von dem Projekt Abstand. Mit Wronsky aber blieb Corinna S. noch befreundet. Und wenn sie nicht gestorben ist, dann arbeitet sie noch immer nicht als Starregisseurin am Wiener Volkstheater.

Fragen zu Hunderennen? kolumne@taz.de Morgen: Martin Unfried propagiert Ökosex

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