LESERINNENBRIEFE
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Wie im Mittelalter

■ betr.: „Der katholische Schwangerschaftskonflikt“, taz vom 31. 1. 13

Immer wieder wird der Fundamentalismus in unserer ach so säkularen Gesellschaft gebrandmarkt. Aber wie sieht es mit dem Fundamentalismus der Religionen in unserer Gesellschaft aus? Da werden im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips Einrichtungen von kirchlichen Trägern von der Allgemeinheit über Steuern finanziert, doch diese Träger verhalten sich, als ob sie die alleinigen Herrscher sind. Das trifft im Bereich der Personalpolitik genau so zu, wie es in ideologischen Fragen gehandhabt wird. Die Fundamentalisten – vor allem im katholischen Bereich – leben mit ihrem Denken nach wie vor im Mittelalter und verlieren jeden Bezug zur modernen Realität. Nicht nur, dass eine ungewollte Schwangerschaft durch Empfängnisverhütung als Sünde abgelehnt wird, auch nach einer Vergewaltigung bekommen die betroffenen Frauen keine Hilfe durch die Pille danach, obwohl nach medizinischer Sicht eine Befruchtung verhindert werden soll, es also noch gar nicht zum Leben – aus katholischer Sicht – gekommen ist.

ALBERT WAGNER, Bochum

Bibel bietet keine Antwort

■ betr.: „„Der katholische Schwangerschaftskonflikt“, taz vom 31. 1. 13

Katholiken sprechen gerne von christlichen Werten. Doch die heute von uns so geschätzten Werte wie Menschenrechte, Toleranz, Freiheit oder soziale Gerechtigkeit verdanken wir doch nicht dem Christentum, sondern den gesellschaftlichen Veränderungen und diese mussten erst einmal gegen den erbitterten Widerstand der christlichen Kirchen errungen werden.

Die Glaubensgrundlage des Christentums ist die Bibel, die für eine Antwort aber auch nicht geeignet ist, da sie nicht gerade unsere Wünsche reflektiert. Das Alte Testament gehört auf die Liste der jugendgefährdenden Schriften und das Neue Testament muss man schon sehr selektiv wahrnehmen, um unsere Vorstellungen bestätigt zu erhalten. Ist es deshalb nicht vielmehr so, dass die Kirche in der Bibel nach Aussagen gesucht hat, die mit unseren heutigen Werten einig gehen und nicht umgekehrt, dass wir der Bibel gefolgt sind?

HANS-JÜRGEN STEUBER, Allensbach

Rassismus und Sexismus

■ betr.: „Das sind auch meine Bücher“, taz vom 31. 1. 13

Ich muss gestehen, dass ich bis jetzt nicht wirklich für eine Änderung von Ausdrücken in Kinderbüchern war, denn ich finde/fand bisher nicht, dass schwarze Kinder in den entsprechenden Büchern abgewertet werden. Jim Knopf ist vielfach ein Held in der Geschichte. Trotzdem hat H. Haruna mich mit ihren Worten davon überzeugt, dass daraus das Gefühl entsteht, dass weiße Kinder sich damit aufgewertet fühlen und schwarze Kinder abgewertet, da sie es als Betroffene besser beurteilen kann als ich.

Meiner Meinung nach weisen die derzeitige Sexismusdebatte um Brüderle und die Debatte um das N-Wort Gemeinsamkeiten auf. In beiden Fällen geht es um spontane Äußerungen über die ungern nachgedacht werden mag. Und es geht darum, dass mit den Äußerungen etwas Unbewusstes zum Ausdruck kommt. Ich finde es allerdings nicht förderlich, der Gesellschaft zu viele Sprachtabus aufzuerlegen. Die Debatte ist wichtig, um zum Vorschein zu bringen, was für diese Worte ausschlaggebend ist und um sich selbst kritisch damit auseinander zu setzen. In diesen Begriffen/Äußerungen kommt versteckter Rassismus oder eben Sexismus ans Tageslicht, doch nach den Ursachen muss woanders gesucht werden. Darum darf die Debatte auch nach einer Änderung der Kinderbücher und einem Maulkorb für Machos nicht beendet werden. ELLEN KAKO, Kiel

Menschenunwürdiges Verhalten

■ betr.: „Der katholische Schwangerschaftskonflikt“, taz vom 31. 1. 13

Einmal mehr hat die kirchliche Institution bewiesen, dass ihre Präsentation überholter ist, als sie sich selbst eingesteht. Einer Frau die „Pille danach“ zu verweigern, ganz gleich in welchem Zustand sie auftritt, ist ein menschenunwürdiges Verhalten, das sich nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren kann. Wenn die Kirche weiterhin der erzkonservativen Grundhaltung standhält, kann sie sich ihrer Machtposition in einer Welt, die sich weiterentwickelt und „freier“ wird, nicht mehr sicher sein. Langfristiges Ziel ist die Errichtung eines laizistischen Staates. Es geht nicht darum, kirchliche Institutionen abzuschaffen, man muss lediglich ihre Macht einschränken und ihren Einfluss auf staatlicher Ebene kappen. Dazu gehört auch die Errichtung von Krankenhäusern, die sich nicht dem Grundsatz menschenwürdiger Pflichten verschreibt. JAN SCHEURECK, Gailingen