BERND PICKERT ZUR DEBATTE ÜBER DEN NEUEN PENTAGONCHEF IN DEN USA
: Wie einst bei Lafontaine

Es ist paradox. Als Senator John Kerry 2004 für die Demokraten Präsident werden wollte, warnten die Republikaner in den schrillsten Tönen vor diesem most liberal, also am weitesten links stehenden Senator im ganzen US-Kongress. Als in dieser Woche aber Kerrys Bestätigung als neuer Außenminister im Senat aufgerufen wurde, stimmten lediglich drei Senatoren gegen ihn, den Demokraten. Der Republikaner Chuck Hagel hingegen, Barack Obamas Kandidat fürs Pentagon, sieht sich einer republikanischen Ablehnungsfront ohnegleichen gegenüber. Gerade seine ehemals besten Freunde und Kollegen gingen den Kandidaten bei seiner Anhörung mit allen rhetorischen Finessen an – eine Situation, mit der Hagel nur schlecht umgehen konnte. Fast acht Stunden lang sah der Mann richtig alt und leidend aus.

Das ist zum guten Teil ein Lafontaine-Syndrom der Republikaner: Nichts macht so wütend wie Verrat. Denn anders als Robert Gates, der republikanische Verteidigungsminister, den Obama zu Beginn seiner ersten Amtszeit von George W. Bush übernommen und im Amt belassen hatte, stellt Hagel im neuen Kabinett kein Gegengewicht dar. Was Hagel sagt und denkt, passt gut in die in Umrissen von Obama vorgegebene neue Linie der Außen- und Verteidigungspolitik. Aus dem republikanischen Senator ist ein überzeugter demokratischer Verteidigungsminister in spe geworden – das bringt die Republikaner auf die Palme wie der Parteiwechsel Lafontaines dessen Exgenossen.

Inhaltlich zeigt Hagel vor allem, dass er nicht mit Scheuklappen herumläuft. Wenn ihm vorgehalten wird, im Al-Dschasira-Interview einem Anrufer nicht gleich ins Gesicht zu springen, weil der sagt, die USA verhielten sich wie ein „Bully“, dann zeigt das nur, dass Hagel um das Bild der USA weiß. Mehr nicht. Aber immerhin.

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