Frankreichs harte Linie zeitigt wenig Wirkung

Ausgangssperren werden nur vereinzelt angewandt, und die Gewalt dauert an. Polizisten wegen Schlägen suspendiert

PARIS taz ■ Hartes Durchgreifen hatten Frankreichs Spitzenpolitiker propagiert. Sie setzen gegen die Unruhen in den Vorstädten auf noch mehr Polizisten, mehr Hubschrauber, mehr Videokameras, mehr Festnahmen und mehr Schnellverfahren vor Gericht. Sie drohen Leuten, die eine Aufenthaltsgenehmigung in Frankreich haben, mit der Abschiebung. Doch in der 15. Krawallnacht von Donnerstag auf Freitag nahm die Gewalt in den östlichen Vorstädten von Paris, wo sie zuvor ein wenig abgeflaut war, erneut zu. Gestern Morgen meldete die Feuerwehr 400 ausgebrannte Autos.

Für das Wochenende stellen sich die Verantwortlichen auf neue Konfrontationen ein. Am Abend verkündete der Polizeipräfekt ein Versammlungsverbot in Paris.

Die Möglichkeit der nächtlichen Ausgangssperre bleibt jedoch die Ausnahme. Nur in 5 der 95 Départements in Festlandfrankreich machen die Präfekten davon Gebrauch. Sie haben Ausgangssperren zwischen 22 und 5 Uhr verhängt, die entweder nur für Jugendliche unter 16 Jahren oder aber für sämtliche Bewohner gelten. In der nordfranzösischen Stadt Amiens sowie in Saint-Denis bei Paris haben örtliche Bürgerinitiativen und linke Organisationen dagegen demonstriert. „Wir wollen keine Notstandsgesetze, wir wollen soziale Gerechtigkeit“, erklärte in Saint-Denis der kommunistische Bürgermeister Didier Paillard.

Nicht in den Vorstädten, wo es brennt, sondern im kommerziellen Herzen von Paris wollten gestern andere Vorstadtbewohner gegen die Gewalt demonstrieren. Das Kollektiv „Banlieue Respects“, das 155 verschiedene Vorstadtorganisationen umfasst, hatte seine Demonstration „mit einem weißen Taschentuch in der Hand“ wenige Tage zuvor am Amtssitz des Premierministers besprochen. Doch am Donnerstag verweigerte die Pariser Polizei die ursprüngliche Route über die Champs-Élysées. Die Demonstration wurde daraufhin zu einem Sit-in neben dem Eiffelturm.

Acht Polizisten wurden inzwischen vom Dienst suspendiert. Sie waren von einem französischen TV-Team dabei gefilmt worden, wie sie einen am Boden liegenden 19-jährigen Jugendlichen in einer Pariser Vorstadt mit Fußtritten und Faustschlägen traktierten. Andere Polizisten werden wegen des Todes eines 15- und eines 17-jährigen Jungen wohl vor Gericht stehen müssen. Diese waren am 27. Oktober in ein Trafohäuschen in Clichy-sous-Bois gerannt und dort umgekommen.

DOROTHEA HAHN