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Neue "Panic at the Disco"-PlatteBeatles-Travestie

Der Bandname ist immer noch blöd. Doch die Rockband Panic At The Disco hat sich mit "Pretty. Odd." neu erfunden. Seit Oasis hat keiner so vollkommen die Beatles nachgebaut.

Die Band stehen auf St. Peppers-Uniformen und Bealtes-Anleihen. Bild: panicatthedisco.de

Seien wir ehrlich. Panic! At The Disco waren prima. Es war so wundervoll einfach, sie zu hassen. Vom dämlichen Namen über die internetgestützte Blitzkarriere und die zur Zirkusnummer aufgemotzten Liveshows bis zum hemmungslosen Bedienen aus dem Popfundus. Diese Band war eine postmoderne Monstrosität, schludrig zusammengesetzt aus ausgelutschten Glamrock-, Emo- und Gruftie-Versatzstücken, und ihre vorwiegend weiblichen Fans waren nicht nur so zahlreich, dass die Band mit Platin überhäuft wurde, sondern auch noch so beschäftigt mit ihrer Pubertät, dass sie nur schwerlich Geschmack entwickeln konnten.

Nun aber ist alles gar nicht mehr so einfach. Panic At The Disco haben nämlich nicht nur das Ausrufezeichen fallen gelassen, sondern mit ihrem zweiten Album "Pretty. Odd." auch gleich noch das beste Beatles-Album eingespielt, das die Beatles vergessen haben aufzunehmen. So unverschämt hat mindestens seit den frühen Oasis niemand mehr die Fab Four imitiert, und so gelungen, mit so großer Liebe zum Detail, schon gleich gar nicht. Was, seien wir noch mal ehrlich, nicht nur für eine Teenieband mit einem Durchschnittsalter von knapp 21 Jahren eine ziemlich großartige Leistung ist.

Vor allem, wenn man zurückdenkt an die Anfänge des aus Las Vegas stammenden Quartetts. Verpflichtet wurde man 2004 von Decaydance, dem Label von Pete Wentz, dem durch Nacktfotos im Internet berühmt gewordenen Bassisten des Emo-Branchenführers Fall Out Boy, als man ein Repertoire von exakt zwei Songs beherrschte, noch keine einzige Liveshow gespielt hatte und Sänger Brendon Urie und Schlagzeuger Spencer Smith noch die Schulbank drückten. Das dann nur ein Jahr später erschienene Debütalbum "A Fever You Cant Sweat Out" war ein von peinsam persönlichen Texten und billigen Synthies dominiertes, mit Sex kokettierendes und mitunter handwerklich erschütternd schlecht zusammengeschraubtes Machwerk, dessen Songs nicht nur wichtigtuerisch lange Titel trugen, sondern auch ohne jede Scham alle verfügbaren und halbwegs populären Stile zu überkandideltem Theater verbanden. Ein Stück wie das zugegeben unheimlich eingängige "The Only Difference Between Martyrdom And Suicide Is Press Coverage" begann als verträumter Folkrock, steigerte sich im Refrain zum flotten Punkpop und brach plötzlich unvermittelt ab, um zum ungelenken Rap zu mutieren. Ein Homunkulus von Song, und lange nicht ihr einziger.

Das Album, das selbst Gitarrist und Texter Ryan Ross, der kreative Kopf der Band, mittlerweile "gar nicht so gut" findet, hat sich bis heute mehr als 1,6 Millionen Mal verkauft, und ihre Liveshows mit Tänzerinnen und Mummenschanz, viel Gesichtsschminke und homoerotischem Glamour sind längst Legende. Es folgten eine Grammy-Nominierung, der unvermeidliche MTV-Award und schließlich eine Titel-Geschichte im Rolling Stone, die die Band offiziell zu "the biggest new rock band in America" kürte. Eine Ehre, die die Mutter aller Rockmagazine sonst gewöhnlich nur Künstlern zukommen lässt, die kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter stehen.

Umso erstaunlicher die nun erfolgte Wandlung. Natürlich war die Vorliebe für die Beatles schon immer angelegt. Schlagzeuger Smith berichtet von Eltern, bei denen die Beatles auf dem Plattenteller rotierten, und Uries Vater sang seinen Sohn am liebsten mit "Here Comes The Sun" in den Schlaf. Später gehörte eine Coverversion von "Eleanor Rigby" ebenso zum Live-Programm von Panic At The Disco wie Fantasieuniformen, die ein wenig an Sgt.-Peppers-Zeiten erinnerten, und auch schon auf dem ersten Album sind die Einflüsse unverkennbar. Aber auf "A Fever You Cant Sweat Out" wirkten die verspielten Anklänge an die Sounds der Sixties, das einsame Glöckchen hier, die verlorene Trompete dort, noch meist wie überspannter Kokolores.

Für "Pretty. Odd." nun wurden Panic At The Disco zu überzeugten Traditionalisten. "Die Sache mit der Elektronik ist zu weit getrieben worden, bis die Musik steril wurde", ließ Ross verlauten, wohl wissend, dass seine Band sich dieser Sünde früher selbst ausgiebig schuldig gemacht hatte, "diese alten Rock-n-Roll-Platten hatten noch Charakter, weil sie von echten Menschen eingespielt wurden". Also wurden die Pro-Tools und das andere digitale Teufelszeug weitgehend eingemottet, um, so Ross, "ein modernes Märchen" aufzunehmen. Die Songs wurden auf akustischen Gitarren komponiert und die Basistracks live im Studio eingespielt.

Die Wiederbelebung der Beatles ging so weit, dass Teile des Albums in den Abbey Road Studios in London aufgenommen wurden, und dann ließen sich Smith und Bassist Jon Walker Bärte stehen, als wollten sie in einem Remake von "Let It Be" Hauptrollen ergattern. Dann übernahm Gitarrist Ross erstmals bei einigen Stücken den Gesang, um so die Liverpooler Doppelspitze nachzustellen. Wer nun genau Lennon ist und wer McCartney, Goss oder der bisherige alleinige Frontmann Brendon Urie, das dürfte wohl demnächst angeregte Diskussionen unter den jugendlichen Exegeten der Band auslösen.

Der Rest aber kann einfach zuhören, wie ein paar Teenager in einer Mischung aus Größenwahn und Ehrerbietung der berühmtesten Popband aller Zeiten ihre Referenz erweisen. George Martin, darf man mal vermuten, sollte "Pretty. Odd." ganz gut gefallen, denn wenn ein exquisites Streicherarrangement das Thema eines verführerischen Harmoniegesangs wieder aufnimmt, wenn sich Handclapping, Spinett und Triangel ins Jahrmarkt-Treiben mischen, die Stimmung schwerelos zwischen Barock und Sommerfrische, Country-Kneipe und Blues-Bar wechselt, ist der Einfluss des Produzenten unüberhörbar. Fast jeder Song scheint sich ein Stück aus dem Oeuvre der Beatles zum Vorbild genommen zu haben: "Do You Know What Im Seeing?" gemahnt an "Penny Lane" und "Behind the Sea" zitiert "Octopusess Garden".

Das Erstaunlichste ist, dass diese Travestie gelingt. Dass Panic At The Disco eine selbstsichere Balance finden zwischen vorsichtiger Ironie und spielerischer Hochachtung. Offensichtlich sind diese vier jung genug, die eigene Anmaßung nicht zu erkennen, und andererseits so wenig besorgt um ihre Reputation, dass sie bereit sind, ihre Einflüsse und Vorlieben hemmungslos auszustellen. Ohne sich um die Geschmackspolizei zu scheren, haben Panic At The Disco Geschmack entwickelt. Ihr Name mag auch ohne Ausrufezeichen noch dämlich sein, aber so machen sie es einem wirklich schwer, sie weiter fröhlich zu hassen.

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3 Kommentare

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  • L
    Lia

    Ich finds ja eine Frechheit die ganze Zeit über eine Band abzulästern. Einen ganzen Artikel über sie zu schreiben. Ich will jetzt nicht so sein wie sie, aber ich persönlich hasse die Beatles, ich find ihre Musik war furchtbar und einfallslos, echt. Dagegen ist Patd viel besser, aber das denke ich. Wahrscheinlich sind sie so ein 50-Jähriger Beatles-Hörer und denken die ganze Welt liebt die Beatles und hasst alles was anders klingt. Selbst wenn PATD sich mal was neues einfallen lässt, wie die langen Songtitel und den Barock/Rokoko- Style, schon denken sie die wären bescheuert, weil sie anders sind. Ich finde diesen "schrott" der auf 'A Fever You Can't Sweat Out' zu hören ist, sehr sehr gut. Dieser "Scheiß" aus Rock/Pop/Emo/Rap/Punk - Elementen ist zufälliger weise mein LIeblingsstyle, weil es einfach langweilig ist, die ganze Zeit so ein eintöniges langsames Acoustic-Mixmax mit komischen Text wie in 'Yesterday' zu hören. schrecklich. Es klingt wie ein Beerdigungslied, eigentlich klingen alle ihre Lieder so.

    Dagegen sind Leute wie ich, ich muss gestehn ich bin erst 14 ( und ja, ich kann mir auch schon meine eigene Meinung über Musik machen und nein, ich lasse mich nicht von meinem Teenager-Problemen leiten, wie sie wahrscheinlich denken. Man muss nicht alt sein um Ahnung von Musik zu haben. Man muss auch nicht alt sein um gute Musik zu machen. Die Beatles, wie sie wissen müsstem wurden auch 1960 gegründet, wo John Lennon ja anscheinend erst 20 war, oder? Und wow. 2004 wurde Panic at the Disco gegründet, da war Brendon Urie 17. Diese 3 Jahre machn nicht viel aus.), anderer Meinung und hassen die Beatles und lieben solche bands. Ich könnt echt kotzen wenn ich ihren Artikel lese. Boah. Wie sie Kritisieren. Anscheinend sind sie echt überzeugt jeder hört nur ihre Musik. Und alle hassen diese. Für mich, jemand der blink182, fall out boy, green day, simple plan, sugarcult und vorallem PANIC AT THE DISCO hört ist ihr Artikel das letzte. Statt einfach sachlich, wie ein Bericht nunmal geschrieben werden sollte, verdeutlichen sie ihre eigene Meinung durch solche kleinkinderwörter wie Schrott, Crap oder Mumpitz. Was echt das Letzte ist. Boah.

    Meiner Meinung nach, sollten Panic At the Disco einfach ihr Ding durchziehen, wie sie es wollen und nicht wie es komische kritiker von ihnen erwarten. ich wünschte sie könnten dass hier lesen um zu wissen, dass ihre, wie würden sie sagen?!, "Tennie-Fans" hinter ihnen stehen.

    Achja von wegen dass ich jetzt auch nicht gerade sachlich schreiben tue. Das wird ein kommentar, der autor bringt seine eingene Meinung hervor.

    Ich hoffe sie schreiben nicht mehr so unangemessene Berichte über Bands, die sie nicht mögen. Am Besten, sie schreiben nur noch über die Beatles, dann haben sie ja anscheinend nichts zu meckern. Denn solche negativen Berichte machn nur schlechte Laune und boah, sie sehe wie ein Teenager sich gedanken darum macht.

    panic At the Disco. wird nicht von allen gemocht und es fällt auch nciht allen einfach sie zu hassen. Sie sind nur einfach unbekannt. Nur wer auf Fall Out boy steht, kennt sie.

    In einem punkt gebe ich ihnen aber Recht. Der name ist echt bescheuert..

    Lg Lia.

  • FS
    Fia Sp.

    also,ich hab mir den artikel gerade durchgelesen,und ich muss sagen, wenn man sich (so wie ich) verschiedene interviews durchliest und die inhalte vergleicht,findet man für jede einzelne handlung von PADT eine erklärung.z.b. für das weglassen des "!"

    (laut.de)

     

    "Oh Mann, jeder fragt das ständig. Dabei ist das überhaupt keine große Sache. Wir fanden einfach, dass es grammatikalisch nicht richtig ist. Wer schreibt schon mitten im Satz ein Ausrufezeichen? Das hatte unsere Plattenfirma damals so eingebürgert und wir wollten das einfach nicht mehr. Mehr gibt's da nicht zu erzählen".

     

    oder:der andere musikstil:

     

    "Wir wollten einfach mal was anderes machen. Ist doch scheiße, immer gleich zu klingen"

     

    die langen tietel (interview von panicatthedisco.de)

     

    "Dafür gibt es jetzt keinen speziellen Grund. Wir wollten einfach nicht das Gleiche, wie die meisten anderen Bands, machen und eine Zeile aus dem jeweiligen Song nehmen, um diese als Titel zu benutzen. Unsere Songtitel spiegeln auch unsere Kreativität wider und machen einfach Spaß."

     

    der musikmix:

     

    "Das hat sicher mehr so während des Songwritings ergeben. Wir fingen mit den eher Dance-lastigen Songs an wurden dann aber irgendwann dessen müde und wollten andere Instrumente und Techniken ins Writing einfliessen lassen. Dadurch entstanden Songs wie ?I Write Sins..? und ?But It?s Better..?. Mit einem Teil Dance und einem Teil rockigeren Songs hätte die Platte aber nicht wirklich Sinn gemacht und deshalb haben wir die Songstyle teilweise in den Songs ein bisschen vermischt."

     

    der style:

     

    "Wir sahen nicht immer so aus. Klar. Aber alle hatten schon länger einen gewissen Faible für den Style. Als es dann ernster mit der Band wurde und wir uns eine Bühnenshow überlegen mussten, wollten wir den Leuten nicht einfach eine normale Show einer normalen Band in normalen Klamotten bieten, sondern etwas besonderes. Und so kam es, dass wir unsere Show eben mit unserem Style zu einem Special Event machen wollen. Wir laufen natürlich nicht immer so rum. Privat und wenn man einfach nur rumhängt tragen wir auch wie jeder andere Jeans und T-Shirt."

     

     

    natürlich wird es immer leute geben die PATD scheisse finden.ich habe auch abneigungen gegenüber anderen bands/sängerInnen , aber ich finde es ist falsch gleich einen ganzen artiken gegen die band zu verfassen (omg, was für eine zeitverschwendung) , denn wenn man etwas nicht mag,sollte man darüber mit leuten die gleicher meinung sind diskutierén, statt andere leute die die band nicht kennen mit vorurteilen zuzuschütten.danke.

  • O
    Oliver

    Wunderbares Review. Dennoch ist es Frechheit zu behaupten, dass das Vorgängeralbum "Crap, Mumpitz, Schrott" oder irgendetwas in dieser Richtung gewesen sei. Das alte Album bediente nun Mal den Geschmack einer ganzen Generation - meiner übrigens auch - und ich bin schon 32 Jahre alt.

     

    Das Review gefällt mir sehr gut, weil es die Veränderung der Band darlegt. Es stimmt: Das neue Werk ist sehr BEATLES lastig - zum Teil sogar so sehr, dass ich mich fast übergeben muss. Hören sich die Strings/ Trompeten/ Violinen auf den ersten 10 Liedern noch toll an, so bringen sie mich ab dem 11. Lied fast zum erbrechen.

     

    ES KOMMT IMMER AUF DEN JEWEILIGEN MUSIKGESCHMACK AN. Ich persönlich mag die Beatles überhaupt nicht. Ich finde - bis auf John Lennon´s eigene Werke - alles zum kotzen. Bin noch nicht mal sicher ob ich John Lennon richtig geschrieben habe, soviel Interesse erbringe ich der Band halt!

     

    Das erste Album war super und für Fans der frühen THE ACADEMY IS und FALL OUT BOY war es einfach die Erfüllung. Das neue Album hingegen ist gut und interessant aber man wird des Hörens überdrüssig ab dem 10. Lied.

     

    Ein Interview mit Panic ATD kann man übrigens bald im neuen Pleasure Snowmag. und auf Punk76.com nachlesen.