Grüne Kandidatin: "Vorstand ist kein Wurmfortsatz der Fraktion"

Die ehemalige Grünen-Abgeordnete Pia Paust-Lassen will für den Parteivorsitz kandidieren. Sie setzt auf Eigenständigkeit gegenüber der Fraktion.

taz: Frau Paust-Lassen, was hat Sie bewogen, für die Nachfolge von Barbara Oesterheld zur Landeschefin zu kandidieren?

Pia Paust-Lassen: Ich kenne Barbara Oesterheld seit vielen Jahren. Damals, als wir gemeinsam im Abgeordnetenhaus saßen, haben wir viele Themen gemeinsam bearbeitet. Acht Jahre bin ich parteipolitisch nicht mehr aktiv gewesen. Nun hat Barbara mich gefragt. Das hat mich ermutigt.

Fiel Ihnen die Entscheidung schwer?

Ja.

Weil es sich um das Amt der Landesvorsitzenden handelt? Dieses Amt ist bei den Grünen ja nicht sonderlich beliebt.

Nein, das war nicht der Grund. Ich arbeite momentan an spannenden Forschungsprojekten und war mir nicht sicher, ob ich zurück in die Politik möchte. Bei allen anderen politischen Ämtern wäre mir die Entscheidung genauso schwergefallen.

Wie wollen Sie das Amt inhaltlich füllen?

Es geht mir darum, Themen von Barbara, wie die ökologische und soziale Stadtentwicklung, weiterzuführen. Die Schließungskampagne und neue Nutzungskonzepte von Tempelhof werden natürlich ebenfalls Schwerpunkte bleiben. Und mit Frauenpolitik und Mobilität möchte ich mich mehr beschäftigen. Die Imagekampagne "be berlin" will ich mit sozialökologischen Inhalten füllen: "Be Green, Berlin", lautet mein Motto.

Sie kandidieren für ein Amt, das in einem Jahr ausläuft, weil turnusgemäß 2009 bereits wieder ein neuer Landesvorstand gewählt wird. Was können Sie in dieser kurzen Zeit überhaupt bewirken?

Ich muss das Rad ja nicht neu erfinden, sondern möchte an der Arbeit meiner Vorgängerin anknüpfen.

Oesterheld hatte sich zum Ziel gesetzt, den Landesvorstand gegenüber der Fraktion mehr Gewicht zu verleihen. Welches Verhältnis wünschen Sie sich zur Fraktionsspitze Ratzmann/Eichstädt-Bohlig?

Auch ich finde: Der Landesvorstand ist kein Wurmfortsatz der Fraktion. Und deswegen werde ich dafür einstehen, die Inhalte der Partei voranzutreiben. Die stehen zwar nicht im Gegensatz zur Fraktion, die Partei ist aber auch nicht der Befehlsempfänger der Parlamentarier.

Einige Grüne liebäugeln mit Schwarz-Grün. Wäre das auch für Sie eine Option?

Aus Sicht der Abgeordnetenhausfraktion kann es durchaus sinnvoll sein, mit Schwarz-Grün zu taktieren, um der SPD zu zeigen, dass wir nicht nur Steigbügelhalter sind. Ich als Parteivorsitzende vom Landesverband würde aber sagen: Schwarz-Grün ist keine strategische Ausrichtung für Berlin.

Warum nicht?

Umweltschutz ist bei der CDU nur notgedrungen ein Thema, weil alle momentan über den Klimawandel sprechen. Auch im Bereich Integrationspolitik werden wir uns nie annähern. Verkehrspolitisch will die CDU immer noch den innerstädtischen Autoverkehr stärken. Und Frauenpolitik spielt bei der CDU überhaupt keine Rolle. Ich erkenne keine großen Gemeinsamkeiten.

Und ihr Verhältnis zur Linkspartei?

Das ist so wie zu allen anderen Parteien: offen und kritisch.

Wen würden Sie bevorzugen?

Wir Grüne haben unsere Prüfsteine, auf deren Grundlage mit den anderen Parteien verhandelt wird. Die oberste Priorität hat aber immer noch die SPD.

Wo verorten Sie sich strömungspolitisch?

Ich bin eine realistische Linke.

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