Höhere Belastung der BayernLB: Neue Risiken bringen CSU-Chef in Not

Der Druck auf CSU-Chef Huber wächst: Die Finanzkrise hat die BayernLB weitaus stärker in Mitleidenschaft gezogen als bisher bekannt. Die CSU-Klausur wird kein Spaß.

CSU-Chef Huber tat Berichte über Milliardenschäden noch am 12. Februar als Spekulation ab. Bild: dpa

Der Chef der Bayerischen Landesbank, Michael Kemmer, musste ein wenig lachen bei der Bekanntgabe der Bilanzzahlen. "Ich sags ganz ehrlich, ich hab mir gedacht: Muss das sein?" Kemmer war gerade vor einem Halbdutzend laufender Kameras gefragt worden, wie er denn die Einmischungen von Ministerpräsident Günther Beckstein bewerte. Der hatte sich vor genau einer Woche bei einem Redaktionsgespräch einer nordbayerischen Regionalzeitung zu einem "Ja" hinreißen lassen, nachdem er nach noch höheren Bayern-LB-Verlusten gefragt worden war. Man solle diesen Kommentar aber bitte nicht als Kritik am Ministerpräsidenten verstehen, beteuerte Kemmer. Beckstein sei schließlich zu dieser Aussage gedrängt worden.

Die BayernLB ist Deutschlands zweitgrößte Landesbank nach der baden-württembergischen LBBW. Das Institut mit einer Bilanzsumme von zuletzt 415,6 Milliarden Euro entstand 1972 durch den Zusammenschluss der Landesbodenkreditanstalt und der Bayerischen Gemeindebank. Eigentümer der BayernLB sind je zur Hälfte der Freistaat Bayern und die bayerischen Sparkassen. Als ihren Kernmarkt versteht die Bank Bayern und die daran angrenzenden Regionen, sie ist aber auch an anderen, ausgewählten Finanzplätzen weltweit präsent. Nach der Übernahme der österreichischen Hypo Group Alpe Adria im vergangenen Jahr hat die BayernLB den südosteuropäischen Markt besonders im Blick.

Der frühere BayernLB-Chef Werner Schmidt hatte der Bank in der Branchenkrise und angesichts hoher Kreditausfälle in den Jahren 2002 bis 2004 einen scharfen Sanierungskurs verordnet, bei dem auch rund 1000 Arbeitsplätze abgebaut und Auslandsrepräsentanzen vor allem in Asien geschlossen wurden. Mittlerweile beschäftigt der Konzern weltweit gut 19 000 Menschen. Seit einiger Zeit kommen auch wieder neue Auslandsrepräsentanzen hinzu, zuletzt eine in Moskau. Zusammen mit der LBBW will die Bank außerdem in Indien ein Zentrum zur Unterstützung von Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen eröffnen.

Gedrängt werden, das ist in diesen Tagen und Wochen kein seltenes Gefühl für Beckstein und seinen Tandempartner Erwin Huber. In der CSU reihen sich mittlerweile Krisensitzungen an Hiobsbotschaften und Katastrophenmeldungen. Im Blick die Landtagswahl im September und das ewige CSU-Ziel "50 + x". An diesem Freitag kommen die Christsozialen im legendären Wildbad Kreuth zu einer Vorstandssitzung zusammen, um zwei Tage über all die Probleme zu sprechen, die unter Edmund Stoiber nicht abgearbeitet worden waren und sich jetzt weiter auftürmen.

Allein gestern: Die Bayern LB gab eine Wertberichtigung in Höhe von 4,3 Milliarden Euro bekannt für die Zeit zwischen Mitte 2007 und März 2008. Verpackt in das watteweiche Wort "Abschirmung" gab es noch die Info, dass der bayerische Steuerzahler möglicherweise doch milliardenschwer zur Kasse gebeten wird. Mit je 2,4 Milliarden Euro sollen die Sparkassen und der Freistaat weitere "theoretische Ausfallsrisiken" der halbstaatlichen Bank absichern. Das Risiko steht klar im Raum. "Was letztlich kommt, weiß niemand", hatte Landesbank-Chef Kemmer gestern erklärt. Eine seriöse Prognose sei seiner Bank auch für das laufende Jahr nicht möglich.

Huber, Finanzminister und stellvertretender Chef des Verwaltungsrates, hatte erklärt, ihm lägen keine belastbaren Zahlen vor. Nun muss er sich vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags rechtfertigen. Der wurde gestern im Landtag abgenickt. Nur vier Punkte umfasst der Fragenkatalog - zentral ist: Hat Huber das Parlament bewusst angelogen und die Zahlen verschwiegen mit Blick auf die bayerischen Kommunalwahlen, die Anfang März stattfanden?

Doch das war noch nicht alles. "Heute geht es Schlag auf Schlag", freute sich SPD-Fraktionschef Franz Maget im Landtag. "Wir kommen von einem Debakel zum nächsten!" Denn nach den Tagesordnungspunkten Bayern LB und Untersuchungsausschuss stand am Donnerstag eine Aussprache an über den Transrapid. Noch ein Negativprojekt der CSU. Auch hier haben schlimme Zahlen eine Rolle gespielt. Die Wirtschaft wollte den Bau der Magnetschwebebahn nicht finanzieren, wie von Stoiber noch als Abschiedsgeschenk vorgesehen. Auf 3,4 Milliarden Euro hatte sich der Kostenvoranschlag verdoppelt. Die Bahn hatte sich ausgeschwebt.

Es sind die aktuellsten Probleme, mit denen Huber und Beckstein und die gesamte CSU zu kämpfen haben. Doch bekanntlich machen auch die Hausärzte Druck wegen schlechter Arbeitsbedingungen, die Nichtraucher ärgern sich über die lasche Umsetzung eines vor Wochen noch scharfen Nichtraucherschutzgesetzes. Und Eltern, Schüler und Lehrer klagen über übergroße Klassen und eine zu hohe Stoffmenge. Genau mit diesem "Positivthema" Bildung sollen jetzt die Gemüter beruhigt werden. Ein paar Pflichtstunden werden gestrichen, hatten am Mittwoch gleich fünf CSU-Politiker gleichzeitig mitgeteilt. Beckstein war mit Huber und seinem Schulminister Sigi Schneider vor die Presse getreten, flankiert von einem Staatssekretär und einem Abgeordneten. Diese kraftstrotzende Phalanx erklärte auch noch, dass die großen Klassen mit Hilfe von 1.000 neuen Lehrern umgehend verkleinert werden sollen. Auf höchstens 33 Kinder.

In Kreuth heute und morgen stehen dann Wirtschaft und Arbeit auf der Agenda. Doch entscheidendes Thema sind mit Sicherheit die Pannen des Führungstandems und die Altlasten ihres Vorgängers Stoiber, der sich nur selten um bodennahe Themen wie zukunftsgerechte Bildung und Hausärzte gekümmert hatte. Ob es in dem schönen Tagungszentrum nahe dem Tegernsee wieder zu einem Putsch kommt, wie im Januar 2007, als Stoiber erfolgreich zum Rücktritt gegrummelt worden war, ist unwahrscheinlich. Aber die Stimmung in der CSU nähert sich langsam wieder diesem Punkt. Huber-Kontrahent Horst Seehofer lauert im Hintergrund. Derzeit vermeldet er, "eintausendprozentig" hinter der jetzigen Führung zu stehen. Genau solche Äußerungen gab es wortgleich auch in der Hochphase der Stoiber-Krise.

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