Fernsehen entdeckt die Umwelt: Die TV-Zukunft ist grün

Und der "Tatort"-Kommissar kommt mit der Straßenbahn: Umweltschutz liegt bei der Fernsehmesse Mip TV im Trend. Die Natur kann auch unterhalten.

Auch das Fernsehen hat es entdeckt: Natur- und Umweltschutz interessiert die Menschen. Bild: dpa

CANNES taz Die Welt am Abgrund ist ein klassisches Sujet in der Film- und Fernsehunterhaltung. Aber nun, wo die Wirklichkeit die Fiktion eingeholt zu haben scheint, geht es erst richtig los: Auf der Mip TV in Cannes, der bis Freitag dauernden größten Fernsehprogramm-Messe der Welt, wimmelt es vor Filmen über Klimaveränderung, die Bedrohung der Natur durch den Menschen und andere Katastrophenszenarien.

Zum Thema "Green Television" gibt es einen eigenen "Green Day" auf der Messe, und für den japanischen Sender NHK den erstmals verliehenen Green World Award, weil dessen Programm laut Jurybegründung "in den letzen 50 Jahren kontinuierlich das Umweltbewusstsein seines Publikums geschärft habe". Denn auch Filme, die Lösungsansätze bieten, haben auf der Mip TV Hochkonjunktur.

Zudem passt all das Grün perfekt zur "Going Green"-Strategie des Mip-Veranstalters Reed Midem, einem der größten internationalen Messe-Zirkusse der Welt. Dort hat man eine Image-Politur nötig, schließlich war das Unternehmen im letzten Jahr von allen Seiten unter schweren Beschuss geraten, weil es über eine Tochterfirma bis 2007 auch die umstrittene Rüstungsmesse DSEi (Defence Systems and Equipment International) abhielt, wo unter anderem die international geächteten Streubomben vertickt wurden.

Doch jetzt wird alles grün-progressiv, auch deutsche Dokumentationen sind begehrt - wie der Dreiteiler "Aufbruch im Nordmeer", eine Produktion von RBB, WDR und Arte, die die Auswirkungen des Klimawandels in der arktischen Region untersucht. Die Kölner Produktionsfirma Broadview TV wird eine deutsche Version des "Human Foot Print" drehen. Die bereits in den USA und Großbritannien erfolgreiche Doku zeigt, wie viel Ressourcen ein Mensch im Lauf seines Lebens verbraucht. Das ZDF präsentierte derweil die Reihe "Rückkehr der Plagen". Sie untersucht, welche natürlichen Ursachen die biblischen Plagen hatten und warum sie heute die Menschheit erneut heimsuchen.

"Grünes Programm darf die Leute nicht verängstigen und muss unterhaltsam sein", forderte in Cannes Michael Rosenfeld, Chef bei National Geographic Television, dem TV-Ableger des gleichnamigen Naturmagazins. "Man muss eine gute Geschichte erzählen - ohne den berüchtigten erhobenen Zeigefinger."

Im ARD-"Tatort" sieht das dann aus: Im neuen Leipzig-Team ist Kommissar Keppler (Martin Wuttke) mit der Straßenbahn pünktlich, während Simona Thomalla als Kommissarin Saalfeld mit dem Auto immer wieder im Stau steht.

Dass solch ein Zugang wirkungsvoller ist als reißerische "Das Ende ist nah"-Szenarien, will auch eine vom Bundesforschungsministerium geförderte Studie belegen, die rund 70 Beiträge des RTL2-Magazins "Welt der Wunder" unter die Lupe nahm. Markerschütterndes Resultat: Umweltthemen müssen emotional positiv wirken, während Schreckensszenarien und - Hoppla: Fakten! - schnell auf Ablehnung stoßen. Außerdem seien Lösungen viel beliebter als die ständige Darstellung des Problems.

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