EU-Vertrag: Österreichs Parlament stimmt zu

Mit den Stimmen von Regierungskoalition und Grünen ratifiziert der Wiener Nationalrat den Lissabon-Vertrag. Kritik von Rechtsparteien und Bürgerbewegungen.

Hat es auch nicht mehr verhindern können: Demonstration gegen den EU-Reformvertrag am 4. April in Wien. Bild: dpa

WIEN taz Als achter Mitgliedsstaat hat Österreich am Mittwoch Abend den als Lissabon-Vertrag bekannten EU-Vertrag ratifiziert. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP sowie der Grünen segnete der Nationalrat das Dokument mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ab.

Die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ versuchten die Abstimmung zu verhindern. Sie sahen sich bestätigt durch Proteste von Bürgerbewegungen, die eine Volksbefragung verlangen. "Rettet Österreich!" lautete der Hilferuf einer Plattform, die am Dienstag 103.313 Unterschriften an Staatssekretärin Heidrun Silhavy (SPÖ) übergeben hatte. Multiplikator dumpfer Ängste wegen des zunehmenden "Diktats von Brüssel", dem die österreichische Neutralität geopfert werde, ist das mächtige Boulevardblatt Kronen Zeitung, dessen Herausgeber Hans Dichand sich auch an die Spitze vieler Demos stellte. Mit differenzierter Argumentation, aber der gleichen Forderung trat die linke Plattform "Volxabstimmung" auf. Sie wird von so bekannten Literaten wie Robert Menasse unterstützt und richtet sich vor allem gegen die Verpflichtung zu weiterer Aufrüstung und die Zementierung der neoliberalen Wirtschaftspolitik.

Das Bundesheer marschierte am Mittwoch im Parlament auf, um die Zuschauerränge des Plenarsaals zu besetzen. Die verbleibenden Plätze wurden mit Schulklassen gefüllt. Damit sollte verhindert werden, dass EU-Kritiker von den Besucherlogen aus die Debatte durch Parolen störten oder medienwirksam ein Transparent entrollten. Auch im Nationalrat wurde vor der Abstimmung hitzig debattiert. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache warf der Regierung Verfassungsbruch vor, wenn sie die Volksbefragung verweigerte. FPÖ und BZÖ beantragten die Absetzung der Ratifikation von der Tagesordnung.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) verteidigten die EU als Friedensprojekt und betonten, wie stark Österreich von der Osterweiterung profitiert habe.

In Umfragen zeigten sich zuletzt deutliche Mehrheiten für eine Volksabstimmung. Allerdings erklärten die meisten, nicht über den Inhalt des Lissabon-Vertrags Bescheid zu wissen. Laut Eurobarometer ist Österreich derzeit das Schlusslicht, was die Zustimmung zur EU betrifft.

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