Terror in Simbabwe: Mugabes Rache für die Niederlage

Mit einer Welle von Terror geht Simbabwes Regierung auf dem Land gegen die Opposition vor. Öffentliche "Bestrafungen" durch Veteranen und Milizen sind an der Tagesordnung.

"Zu parteiisch, um etwas zu unternehmen", sagt die Opposition: Polizei patroulliert in der Hauptstadt Harare. Bild: reuters

DEWEDZO taz Ungefähr 60 Dorfbewohner haben sich an diesem Sonntagabend zu der Versammlung eingefunden. Veteranen aus dem Befreiungskrieg haben sie angeordnet, gemeinsam mit Milizen der Zanu-PF von Simbabwes Präsident Robert Mugabe, die vor einer Woche hierher geschickt worden waren, nach Dewedzo, in eine bäuerliche Gegend etwa 120 Kilometer östlich der Hauptstadt Harare.

Die Terrorbanden, als die Kriegsveteranen und Milizen in dieser Gegend bekannt sind, nutzen die nächtliche Versammlung zur Einschüchterung. Die Nachtwache ist auch ein Femegericht gegen sogenannte "Verräter": Als solche gelten alle, die bei den Wahlen am 29. März für die oppositionelle Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) gestimmt haben.

Die Atmosphäre ist angespannt. Ein großes Feuer ist entfacht worden, und unter Anleitung des Anführers, der sich nur als Genosse Zvichauya vorstellt, singen die Dorfbewohner alte Befreiungslieder. Zvichauya hält ein AK47-Gewehr in der einen Hand und ein Stück gegrilltes Ziegenfleisch in der anderen. "Sie essen jetzt schon die vierte Ziege auf, die sie den Dorfbewohnern in der letzten Woche abverlangt haben", flüstert die 65-jährige Melody Rukwata dem Reporter zu, während die anderen weiter singen. Wie alle anderen hat auch sie Angst.

Genosse Zvichauya führt eine Gruppe von drei Veteranen und zwei jungen Milizionären an, die in den Bezirk Dewedzo verlegt wurden. Er eröffnet das Treffen mit den Worten: "Heute haben wir drei Personen unter uns, denen wir eine Lektion erteilen wollen. Sie sind Vaterlandsverkäufer." Er schubst drei Männer vor die verängstigte Menge. "Wir haben hier zwei Lehrer, bei denen wir MDC-Wahlkampfmaterial gefunden haben, und diesen jungen Mann, der die Lüge verbreitet hat, Präsident Mugabe habe die Wahl gegen Morgan Tsvangirai von der MDC verloren," ruft er. "Wir möchten euch zeigen, was wir mit solchen Leuten machen."

Dann beginnt die Folter. Jeder der drei Männer wird gezwungen, zur Strafe 20 Liter Wasser zu trinken. Als sie das nicht schaffen, wird die Strafe "abgemildert": auf 15 Schläge für jeden. Die beiden jungen Milizionäre müssen die Bestrafung vollziehen. Eine alte Frau in der Menge schreit entsetzt auf, aber sie wird sofort von einem der Veteranen bedroht. Wenn sie heil nach Hause kommen wolle, bedeutet er ihr, solle sie augenblicklich den Mund halten.

Irgendwann nach Mitternacht endet die Zusammenkunft - aber nicht, bevor die Dorfbewohner nicht streng davor gewarnt worden wären, über Politik zu diskutieren. "Täuscht euch nicht", warnt Genosse Zvichauya, "wir haben unsere Ohren unter euch."

Eine Welle von Terror hat Simbabwes ländliche Gegenden erfasst, seit Mugabe die Miliz und die Kriegsveteranen losgelassen hat, um sich für die Niederlage bei den Wahlen zu rächen. Häuser von mutmaßlichen Oppositionellen werden abgefackelt, Oppositionelle werden gefoltert, andere sind längst abgehauen. Ihr Hab und Gut ist geplündert, viele sind untergetaucht.

"Unser Leben ist zerstört," sagt in seinem Versteck auf einem nahegelegenen Bauernhof der 30-jährige Lehrer Temba Muchaya der taz. Sobald er eine Möglichkeit sieht, will er in die Stadt flüchten. Muchaya ist einer von Dutzenden Lehrern, die in Todesangst die ländlichen Gebiete verlassen haben.

"Die Veteranen sagen, wir Lehrer hätten das Denken der Menschen vergiftet, damit sie gegen Zanu-PF stimmen", fährt Muchaya fort. Sein Körper ist übersät von Blutergüssen - sie stammen von seinem letzten Zusammentreffen mit den gefürchteten Veteranen und Milizen. "Vor einer Woche haben sie mich in einen Hinterhalt gelockt. Dann haben sie mich liegengelassen, weil sie dachten, ich sei tot."

In Mutoko, etwa 200 Kilomter nördlich von Harare, steckten Veteranen und Milizen Samstagnacht 15 Häuser in Brand. "Sie sind ihr eigenes Gesetz. Sie haben mein Haus angezündet, und ihnen geschieht nichts," sagt Lucia Katobo, 34, und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. "Sie bestrafen mich, weil ich Wahlhelfer der MDC war", sagt sie. Simbabwes Opposition hat weder Geld noch Mittel, um ihre Unterstützer zu schützen. "Die Polizisten sind zu parteiisch, um ewas zu unternehmen. Die Gerichte sind in Mugabes Hand. Es gibt hier keine Gerechtigkeit," sagt MDC-Sprecher Nelson Chamisa. "Unsere Mitglieder werden zusammengeschlagen, und die Welt sieht zu."

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