Unbefristeter Streik droht ab Mai: Gewerkschaft spielt stille Post
Ver.di setzt die Warnstreiks bei der Deutschen Post fort. Eine Million Briefe bleiben liegen. Betroffen davon sind Großkunden wie Firmen und Behörden.
BERLIN taz Der Postmann klingelt derzeit an vielen Orten in Deutschland nicht: Die Gewerkschaft Ver.di hat am Dienstag ihre Warnstreiks bei der Deutschen Post fortgesetzt. Betroffen waren vor allem Firmen und Behörden in 40 Städten, ihre Postfächer blieben leer. Rund 450 Beschäftigte ließen rund eine Million Sendungen liegen, teilte die Gewerkschaft mit.
Ein flächendeckender Ausstand war dies nicht: Von bundesweit 5.700 Postfachanlagen seien gerade mal 50 bestreikt worden, betonte ein Sprecher. Ver.di fährt eine Taktik der Nadelstiche, bereits am Montag waren drei Millionen Briefsendungen liegen geblieben - und sie wird sie auch heute fortsetzen. Bei der Gewerkschaft spricht man lakonisch von "Kostproben des Widerstandes". Die Post müsse ein neues Angebot als Grundlage für weitere Verhandlungen vorlegen, betonte der Sprecher. Die Post wiederum keilt zurück - für sie muss sich die Gewerkschaft zuerst bewegen.
Beide Parteien konnten sich am Wochenende nicht auf ein Paket mit Kündigungsschutz, Arbeitszeiten und Lohn für die 130.000 Tarifbeschäftigten der Post einigen. Ver.di fordert den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Juni 2011 und zehn sogenannte Arbeitszeitverkürzungstage, um die arbeitsplatzvernichtende Wirkung einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 41 Stunden bei den 55.000 Beamten auszugleichen. Außerdem will Ver.di für die Postler sieben Prozent mehr Geld für zwölf Monate.
Beide Parteien liegen derzeit weit auseinander: Mit dem Kündigungsschutz hat die Konzernspitze kein Problem. Sie bietet aber nur eine Steigerung der Löhne von 5,5 Prozent in den nächsten zwei Jahren an und fordert dafür eine längere Arbeitszeit - was für die Gewerkschaft tabu ist. "Zwei Milliarden Euro Gewinn, 20 Prozent höhere Dividende, 90 Prozent Marktanteil, und die Beschäftigten sollen effektiv zwischen 2,5 und 3,5 Stunden pro Woche länger arbeiten", kritisierte die Ver.di-Vizevorsitzende Andrea Kocsis. "Das ist maßlos und ungerecht."
Somit ist wahrscheinlich, dass der Tarifstreit weiter eskaliert. Die Gewerkschaft droht mit einem unbefristeten Streik, er kann nach einer Urabstimmung ab dem 2. Mai starten. Wirtschaftsminister Michael Glos forderte die Tarifparteien auf, schnell an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Für die Wirtschaft ist eine zuverlässige Postzustellung eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!